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Kunst und Heimat

Das NS-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler, Kreis Mayen 1936

von Studienrat Nick, Mayen

Es ist eine alte Klage, daß die lebendige Verbindung zwischen Kunst und Volkstum verloren gegangen sei. In der Tat steht ein großer Teil des Volkes nicht nur zur bildenden Kunst in keinerlei Beziehung, er sieht diesen sogar als zwecklosen, entbehrlichen Luxus an und hält den Künstler für einen wirklichkeitsfremden Sonderling, der eigentlich keine Daseinsberechtigung habe, da er ja keine wirtschaftlichen Werte schaffe. Ein Bild in Ausstellungen vergangener Jahre zeigt, daß dieses harte Urteil der Grundlage nicht ganz entbehrt, so losgerissen von allem natürlich Schönen waren manche Äußerungen vermeintlich künstlerischer Betätigungen.

Ebenso alt sind aber auch die Bestrebungen, diesen unleugbaren Riß wieder zu überbrücken, Kunst und Volk einander wieder näher zu bringen. Es mag nur der vorbildlichen Arbeit des Dürerbundes und ähnlicher Gesellschaften gedacht sein. Auch unser Eifelkalender verfolgt mit seinen alljährlichen Wiedergaben künstlerischer Heimatbilder von Anfang an ein ähnliches Ziel: die Sinne der einfachen Landbevölkerung wieder zu schärfen für den Unterschied zwischen Kitsch und Kunst, die Künstler anzuregen, daß sie Werte schaffen, die weniger den Gesetzen einer augenblicklichen Mode folgen, dafür aber um so mehr dem unverbildeten Geschmack zusagen.

Einen neuen Weg zum gleichen Ziele hat aber der Kreisleiter, Landrat Heilinger in Mayen eingeschlagen, der mit scharf gefasster und klar verfolgter Zielsetzung guten Erfolg versprechen musste. Alle Heimatfreunde haben Anlaß, seinen Bestrebungen recht zu danken.

Landschaft bei Wassenach, Kreis Mayen
Ölgemälde von Richard Pahlke, Berlin-Charlottenburg
H. Pieroth, Mayen

Nicht in der Verbreitung billiger Wiedergaben künstlerischer Leistungen sah er seine Aufgabe, auch nicht in dem Zusammentragen einer Schau planlos entstandener Originalwerke, so geschmackbildend das auch hätte sein können. Nein Künstler sollten selbst in das Kreisgebiet kommen, um dort eine Zeitlang ungestört und unbedrängt tätig zu werden.

Würde sich so schon vielfache Möglichkeit bieten, die Bevölkerung und Künstler aus ganz Deutschland einander näher zu bringen, so müsste eine Ausstellung der so entstandenen Arbeiten zugleich eine Bilderfolge aus der engeren Umwelt werden und dadurch schon rein gegenständlich größere Teilnahme erregen als Bilder neutraler Landschaften.

Der Kreis Mayen hatte mit seinen landschaftlich so vielgestaltigem Gebiet und seiner beruflich stark abgestuften Bevölkerung bisher schon einzelne Künstler anregen können: Elz und Monreal, Laach und Bürresheim vor allem haben allezeit einen starken Reiz auf bildende Künstler ausgeübt, die freiwillig auf Suche nach versteckten Schönheiten in unsere Osteifel gekommen waren. Hier konnten Künstler verschiedenster Fachgebiete etwas finden, was ihrer besonderen Neigung entgegenkam und sie zur Gestaltung drängte.

So wurden 85 Künstler aus allen deutschen Gauen eingeladen, vier Wochen im Gebiet der Eifel zu verbringen. Fast alle Dörfer hatten »ihren« Maler zu Gaste, und es ist für beide Teile ehrend, daß sich überall recht herzliche Beziehungen zwischen den Gästen und den Einheimischen ergaben, die teilnahmsvoll den Arbeiten folgten.

Hören wir nur, was einer der Künstler hiervon zu berichten weiß: »Die Bevölkerung nahm unaufgefordert den regesten Anteil am künstlerischen Schaffen, der Bauer sowohl wie der Arbeiter, der Handwerker und Angestellte wie der Werksleiter. Natürlich läßt sich jeder in erster Linie durch solche Bilder fesseln, die seinem eigenen Lebenskreis entstammen, hier ist jeder zu Hause. Der Bauer erkennt im Bilde die Äcker, Wiesen und Berge der Landschaft wieder. Der Maler aber erfährt dagegen, warum diese oder jene Bäume angepflanzt werden und was alles dazu gehört, bis die Ernte eingefahren ist, vom Pflügen und Säen an. So ergeben sich bei dem gegenseitigen Verständnis die fruchtbaren Wechselwirkungen. Oder beim Malen in den Basaltgruben: Der Steinhauer erkennt sofort, ob die Farbtöne des Gesteins und des Abraums vom Maler recht wiedergegeben werden können. Dieser aber nimmt teil am schweren Werk des 'Leiers'. Jede geglättete Schwelle, die er künftig betritt, redet ihm von diesem Werk.«

Kartoffelernte bei Mayen
Gemälde von Curtius Schulten, Blankeneim.

Aber nicht immer nur fachlich gegenständlich betrachtet der Einheimische die Arbeit des fremden Künstlers, gelegentlich dringt er auch in seine besondere Anschauungswelt vor: »Ich war beim Entwurf einer Landschaft«, so lautet die Beobachtung eines anderen Künstlers, »da gesellte sich, wie es täglich häufig geschah, ein Mann zu mir, ein Steinarbeiter, guckte mir zu, nachdem er höflich um Erlaubnis gebeten. Endlich wagte er auch ein Wörtchen: 'Das ist aber schön! Ihr Bild sieht ganz anders aus als die Gegend, und doch ist es genau dasselbe.' Und nach einer Weile setzte er wie in halbbewusster Verwunderung hinzu: 'Ich habe das noch nie gesehen, und ich bin doch von hier.' Wollte er damit sagen: 'Du hast mir zum ersten Male gezeigt, wie schön die Landschaft ist, an der ich bisher achtlos vorbeigegangen bin?'«

So sind alle Teile des Kreises Mayen in ihrer Landschaft, in Industrie und Landwirtschaft und in eigenartigen Vertretern der Bevölkerung in künstlerischer Arbeit festgehalten worden. So verschieden sich diese Arbeiten auch gestaltet haben nach Auffassung und Ausdruck, von allen kann gesagt werden, daß sie sich frei halten von unnatürlichen Künsteleien. In allen Werken der Künstler offenbart sich ein heißes Bemühen, nicht nur äußerlich wahr zu bleiben, sondern auch den besonderen Geist der Landschaft in ihren Bildern lebendig werden zu lassen und die Eigenart unseres heimischen Menschenschlages zu verkörpern.

Eine große Auswahl von Ölgemälden, Aquarellen und Radierungen ist von einem Richterausschuß der Reiskammer der bildenden Künste als ausstellungswürdig befunden worden und nach erster Vorführung in der Kreisstadt durch viele deutsche Städte gewandert. Überall kündet sie dort von der Schönheit des Eifelkreises und der erfolgreich angeregten Gemeinschaft, und einem engen Verstehen von Volk und Künstler.


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