zurück Zurück Weiter weiter

 

Malerei in der Eifel

Pitt Kreuzberg zum 100. Geburtstag

Franz Josef Ferber, Daun

Viele von uns haben ihn noch gekannt, den Mann mit schlohweißem Haar, bekleidet mit schafwollenem Rollkragenpullover und Manchesterhose. Seinen Karren, beladen mit Malerutensilien, zog er durch die Landschaft; das Straßenbild der Kreisstadt prägte er mit.

Ein halbes Jahrhundert hat er bei uns gelebt und unermüdlich gearbeitet. Am 30. Mai 1988 wäre er hundert Jahre alt geworden. Die Rede ist von dem Maler Pitt Kreuzberg. Sein vollständiger Name: Peter Joseph Karl Hubert Kreuzberg.

Biographisches:

Die Geburts- und Sterbedaten Pitt Kreuzberg's sind in der Literatur häufig falsch verzeichnet. Um sie zu berichtigen, bedurfte es bloß des Einblicks in die standesamtlichen Urkunden.

Der Künstler entstammt einer alten Kaufmannsfamilie, geboren am 30. Mai 1888 in Ahrweiler. Dort verlebte er seine Kindheit, besuchte Schulen in Ahrweiler, Brühl und Münstereifel. Im Jahre 1907 ging er, unterstützt durch seinen Vater, nach Düsseldorf. Er wollte Maler werden. An der Düsseldorfer Kunstakademie blieb er bis 1911. Danach studierte er an der Kunstakademie in München. Diese verließ er schon 1913. Später verstehen wir, warum. Das Akademische muß seiner Individualität zuwider gewesen sein. In einem Interview 1927 sagte er: »Mein Empfinden behauptet, daß Akademien ebensoviel hemmen wie fördern.

Darum habe ich mich beizeiten ihrem Einfluß entzogen«. Seine stark ausgeprägte Individualität macht den Menschen Pitt Kreuzberg sympatisch, wenn man bedenkt, daß der Lebensraum für Individualisten eng geworden ist. Menschen, von Natur aus verschieden, erliegen heute dem gesellschaftlichen Anpassungszwang. Immerhin, das ist bequem.

Im Jahre 1913 war es, als Pitt Kreuzberg, jung verheiratet, im Kreis Daun - in Schalkenmehren - seine zweite Heimat fand. Bei früheren gemeinsamen Wanderungen mit seinem Vater hatte er seine Liebe für die Eifel entdeckt. Damals äußerte er den Wunsch, am Schalkenmehrener Maar immer leben zu wollen. Ein Jahr vor seinem Tode bekannte er, in die Eifel gezogen zu sein, weil er gemerkt habe, daß die Menschen hier ehrlicher seien. Nun, die Empfindungen dieses sensiblen Mannes in Ehren, ob aber unsere Mitmenschen in anderen Landesteilen weniger ehrlich sind als wir Eifeler, das mag bezweifelt werden.

Im Ersten Weltkrieg - von 1914 bis 1918 - war Pitt als Soldat an der West- und Ostfront. Von der allgemein vorherrschenden vaterländischen Begeisterung für den Krieg, so ist zu lesen, spürte man bei ihm nichts. Schwerkrank kam er zurück, seine Frau pflegte ihn und es dauerte lange, bis er gesund war.

Die zwanziger Jahre waren auch für ihn Jahre der Entbehrung, von Not und dem Kampf ums Dasein geprägt. Ein äußerst bescheidenes Leben zu führen, fiel Pitt Kreuzberg nicht schwer. Es war nicht Not allein, die ihn zu solcher Bescheidenheit zwang, sie entsprach seiner Lebenshaltung. Damals sagte er einem Zeitungsmitarbeiter: »Ich gebe zu, daß die Not um die täglichen Dinge gerade mir ein nicht unbekannter Gast ist, aber sie wird mich nicht zwingen, meine Kunst zu einer öffentlichen Prostituierten zu degradieren«. Bezeichnend ist, daß er gerade in diesen Notjahren seine künstlerische Reife erreichte. Diese »glückliche Zeit« dauerte bis Ende der vierziger Jahre. Es entstanden die großen Eifeldarstellungen und Blumenbilder.

Blühender Baum am Maar in Pitt's Garten (um 1946)

Pitt Kreuzberg an der Staffelei, ein Landschaftsbild entsteht.
Foto: Fritz Haupenthal, Schallkenmehren Repro: Dr. Reinhard Steffens, Berenbach

Die politischen Verhältnisse während der Zeit des Nationalsozialismus berührten den Künstler kaum. Er dachte nicht national. Deswegen bekam er zuweilen Schwierigkeiten. Man drohte ihm, seine Kunst als »entartet« einzustufen. Einflußreiche Freunde, so wird berichtet, waren es, die ihn vor Bedrängnissen schützten, auch der Dauner Landrat. Politisches Denken machte sich bei Kreuzberg erst nach dem Zweiten Weltkrieg bemerkbar. Hierfür waren zwei Ereignisse maßgebend: Der Abwurf der Atombombe auf Hiroschima und die Wiederbewaffnung Deutschlands. Dies blieb nicht ohne Folgen auf sein künstlerisches Werk. Es begann die Zeit der zweiten Experimentierphase, die Phase der Auflehnung und des Umbruchs.

Zu Beginn der 1950er Jahre geriet der Künstler in schwierige Lebenslagen. Er erlitt einen Schlaganfall, von dem er sich wieder erholte. Viel schlimmer für ihn war jedoch die unheilbare Krankheit seiner Ehefrau, verbunden mit längerem Siechtum. Während dieser Zeit, wie auch nach dem Tode seiner Frau (1958), schuf er zahlreiche Bilder, die die Vergänglichkeit des Menschen zum Inhalt haben. Weltanschauliche, religiöse und politische Themen traten in den Vordergrund.

Nach dem Tode seiner Gattin, vereinsamt in seinem Haus am Maar lebend, legte er Pinsel und Feder nicht aus der Hand, im Gegenteil, er malte unaufhörlich, mit einem ungeheuren Fleiß, fast bis zum letzten Tag seines Lebens. Kaum vorstellbar, was aus jener Zeit berichtet wird, jeden Tag soll ein Bild entstanden sein. Zum Sterben ging Pitt Kreuzberg für kurze Zeit zu seiner Tochter nach Bad Honnef. Dort schloß er am 21. Februar 1966 für immer die Augen. Auf dem Schalkenmehrener Pfarrfriedhof, hoch oben an der Weinfelder Kapelle, nur einen Steinwurf weit vom Totenmaar entfernt, bettete man ihn zur letzten Ruhe. Es war sein sehnlicher Wunsch, an dieser ihm vertrauten Stätte begraben zu werden.

Sein Schaffen, seine Verdienste.

Zuweilen wird in der Literatur behauptet, Pitt Kreuzberg's Lebenswerk habe ausschließlich der Eifellandschaft gegolten. Dies trifft nicht zu, die Fakten sprechen eindeutig dagegen. Wahr ist allerdings, daß der Maler sein künstlerisches Schaffen zu einem großen Teil, vor allen Dingen während seiner »guten Schaffensphase«, unserer Heimatlandschaft, der Landschaft der Vulkaneifel, widmete. Durch seine Malerei hat er maßgeblich dazu beigetragen, den besonderen Landschaftscharakter künstlerisch darzustellen. Er sei, so schrieb ein namhafter Eifelkenner, zu einer Art »Aushängeschild« für die Eifel geworden. Seine wesentlichen Leistungen, so sagte Landrat Martin Urbanus am offenen Grabe des Künstlers, sind darin zu sehen, daß er die Landschaft in ihrer geschichtlichen Umgestaltung und Fortentwicklung festgehalten hat, Aspekte, die zunehmend an Bedeutung gewinnen in einer Zeit, in der bei uns die Sensibilität für die Schöpfungswerke und die Achtung hiervor nachzulassen scheinen.

Ihn, Pitt Kreuzberg, deswegen als »Eifelmaler« zu bezeichnen, würde ihm und seiner Kunst nicht gerecht werden. So wollte er auch nicht genannt werden. Eher ließ er sich »Maler der Eifel« gefallen. Und der war er ohne Zweifel, aber nicht nur. Viele andere Motive hat er gemalt und gezeichnet, figürliche Darstellungen, unzählige religiöse Bilder. Überhaupt, das göttliche Schöpfungswerk und die Sorge um seinen Bestand waren stets dominante Themen für den Künstler. Der wahre Pitt Kreuzberg habe, so schrieb Peter Kremer im Epilog, den Schöpfer Gott in der Landschaftsgebärde gefunden. Für ihn, den Künstler, recht ungewöhnlich - und deshalb hier erwähnt - sind die Wandmalereien (Figuren) im Volksschulgebäude in Tettscheid. Pitt Kreuzberg malte sie für seinen Freund, den Lehrer Heinz Bicker, von dem es heißt, daß er im Jahre 1922 aus der Großstadt »freiwillig« in die Eifel gekommen sei.

»Fastnachtstreiben im Eifeldorf«

»Fastnachtstreiben im Eifeldorf« (1924)

Landschaft mit Totenmaar und Weinfelder Kapelle (um 1919)

Landschaft mit Totenmaar und Weinfelder Kapelle (um 1919)

Löwenzahn (Froschperspektive) (Ausschnitt) (1943)

Königskerzen vor dem Getreidefeld (1939)

Königskerzen vor dem Getreidefeld (1939)

»Christus nimmt das Kreuz auf sich« (1953)

Kohlezeichnung aus dem Jahre 1953 - »Christus nimmt das Kreuz auf sich«.
Es war das Titelbild für die Sonderausstellung »Pitt Kreuzberg zum 100. Geburtstag«.

Ehrung zum 100. Geburtstag

Kein Zweifel, unserem Pitt Kreuzberg haben wir viel zu verdanken. Er hat eine unvorstellbare Fülle von Kunstwerken geschaffen, dadurch in uns das Bewußtsein für die Kunst gestärkt und unseren Blick für die Werte der Heimat geweitet. In zahlreichen Bildern führt er uns die schicksalhafte Verbindung von Mensch und Tier vor Augen, erinnert uns in seinen Werken immer wieder daran, daß wir Geschöpfe Gottes sind.

Das alles, so sagte Landrat Karl-Adolf Orth, sind hohe Verdienste und die Gründe dafür, diesen Mann in aller Form zu ehren. Zu Lebzeiten des Künstlers war die Anerkennung spärlich.

Die Ehrung geschah in Form einer Kunstausstellung, die die Kreisverwaltung Daun in Zusammenarbeit mit der Kreissparkasse Daun und der Galerie Knops aus Wittlich vom 7. Juni bis 1. Juli 1988 in der Dauner Sparkasse präsentierte. Die Präsentation begleitet und bereichert durch den Kunstkalender (Jahreskalender der KSK 1988) »100 Jahre Pitt Kreuzberg«, beinhaltete bekannte und weniger bekannte Werke fast der gesamten Schaffensperiode bis etwa Ende der 1950er Jahre; Gemälde, Aquarelle, Zeichnungen. Ausgespart wurden lediglich die Arbeiten, die der Künstler in seinen letzten Lebensjahren geschaffen hat. Sie weichen im Stil und Inhalt erheblich ab, weshalb es den Initiatoren geboten schien, sich später in einer Sonderausstellung um ihre Aufbereitung zu bemühen.

Zur Eröffnungsveranstaltung waren außergewöhnlich viele Gäste gekommen, mit ihnen die Angehörigen des Geehrten, seine Tochter, Enkel und Schwiegertochter. Ihnen stellte Dr. Josef Ruland (Bonn), der Präsident der Europäischen Vereinigung Bildender Künstler aus Eifel und Ardennen den Künstler vor, genauer gesagt, er versuchte - wie er selbst sagte - die Kunst Pitt Kreuzberg's zu deuten. Dr. Ruland verwies darauf, daß Kreuzberg sich beim Malen schwer getan habe. Kein einziges Blatt in dieser Ausstellung zeuge von leichter Hand, die Motive sind nicht einfach so dahin geworfen. Der Maler habe sich dazu gezwungen, eine Landschaft zu malen, die ganz anders sei als das, was Eifelbilder bisher zeigten, zum Beispiel nicht nur das Abendrot auf Eifelmaaren, sondern die völlige Einordnung des Menschen, ja seine Unterordnung unter die Natur. Und die vielfach vertretene These, in der Darstellung des Menschen sei der Maler nicht so stark gewesen, sind an Hand einiger Exponate zu widerlegen. Die Ausführungen des Redners schlössen mit der Feststellung: »Man soll mit Ehrentiteln sehr sparsam sein. Ihr Vater jedoch und Ihr Landsmann hat ein Kapitel »Malerei in der Eifel« geschrieben, wie niemand vor und neben ihm«.

Literatur:

Pitt Kreuzberg. Ein Malerleben.

Katalog zur Ausstellung der Are-Künstler-Gilde, herausgegeben von Prof. Dr. Bernhard Kreutzberg, Ahrweiler, erschienen 1983 bei Warlich Druck, Bad Neuenahr/Ahrweiler


zurück Zurück Anfang Anfang Weiter weiter