1921 - ca. 1925

Der Künstlerbund »Westmark«

Louis Ziercke - Blumenstilleben, Öl auf Pappe, 1927

Dr. Fritz Schellack, Hunsrück-Museum Simmern

Am 29. April 1921 meldete der Koblenzer Generalanzeiger: »Der schon seit längerem in Vorbereitung begriffene Plan die an der Mosel, im Hochwald und im Hunsrück bodenständigen Künstler zu einer Vereinigung zusammenzuschließen, ist nunmehr Tat geworden. Die Künstler haben einstimmig die Gründung des Künstlerbundes Westmark als eingetragenen Verein beschlossen. Dem Künstlerbund gehören an die Herren Professor August Trümper, Fritz Quant, Hermann Keck, Heinrich Hamm, A. Nagel (Trier), Hanns Sprung, Robert Gerstenkorn, Emil Müller-Ewald, Heinrich Hartung (Koblenz) Heinrich Gesemann (Enkirch), Friedrich Karl Ströher (Irmenach), Hans Kruzwicki (Boppard), Hans Adamy (Pfalzel), Ludwig Cauer (Kreuznach), Johann Osten (Köln), Louis Ziercke (Godesberg). Der Vorstand besteht aus den Herren Ströher und Gesemann, die von innerer Überzeugung beseelt, die Anregung zum engeren Zusammenschluss gaben und in selbstloser Weise die vorbereitenden Geschäfte bisher besorgten.«
Diese Zeitungsmeldung erinnert an die künstlerische Aufbruchstimmung im südlichen Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg, in einer Zeit mit großen politischen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten. In Koblenz, Trier, aber auch kleineren Zentren, Bad Kreuznach, Simmern, Bernkastel bemühten sich die Kunstschaffenden, Öffentlichkeit für sich zu gewinnen und nicht zuletzt einen neuen Markt für ihre Werke zu erschließen. Mit Wanderausstellungen im ganzen Rheinland, mit der Gründung neuer Vereinigungen und schließlich mit einer Ausstellung zum Thema Kunst im besetzten Gebiet im Berliner Künstlerhaus, versuchten sie »von innerer Überzeugung beseelt« den künstlerischen Aufbruch ein neues Forum zu verschaffen.
Die Spurensuche nach diesem »Künstlerbund Westmark« gestaltet sich schwierig, denn in keiner Künstlerbiografie findet sich ein definitiver Hinweis auf die Vereinigung. Jedoch berichten die entsprechenden Presseausgaben in unterschiedlicher Aussagekraft über die Ausstellungsprojekte der Künstler in Koblenz, Trier, Bad Kreuznach oder Bernkastel.
Überliefert ist auch der Entwurf eines Schreibens von Friedrich Karl Ströher an das Ministerium des Inneren mit der Bitte um einen Zuschuss für eine Ausstellung der Gruppe im Berliner Künstlerhaus: »Die Ausstellung soll im September 1922 im Vereinshaus des VB-Künstler in der Bellevuestr. stattfinden. Der Verein hat in entgegenkommender Weise sämtliche Ausstellungsräume zur Verfügung gestellt, doch kann er die Kosten des Transportes eben so wenig wie die ausstellenden Künstler tragen. Ich möchte darum im Namen der ausstellenden Künstler die Bitte an das Ministerium richten, zur Veranstaltung der Ausstellung eine Beihilfe von 6000 M gewähren zu wollen. An der Ausstellung werden sich Künstler der Städte Köln, Bonn, Trier, Kreuznach, Saarbrücken und Aachen beteiligen«
In den Berliner Blättern fand die Ausstellung der rheinischen und saarländischen Künstler vielfältige und unterschiedliche Beachtung. Die national gesinnte Deutsche Zeitung schrieb am 1. September 1922: »Ein bemerkenswerter Gedanke, dem Schaffen der zur besonders hartem Ringen verurteilten jungen bildenden Kunst des besetzten Gebietes im Mittelpunkt des Reichs eine Heimstätte zu bereiten und so den durch kein Pariser oder Londoner Diktat verlierbaren inneren geistigen und seelischen Zusammenhang mit der großdeutschen Kunst auch äußerlich sichtbar in augenfällige Erscheinung treten zu lassen. Ein Gedanke, zu dessen Verwirklichung mehr Opferwilligkeit und selbstlos für die Tat begeisterter Idealismus gehören, als der Außenseiter sich träumen lässt. Denn die Heranbeschaffung, mit der die Berliner Künstlervereinigung ein hochherzliches Werk der Treue, der mithelfenden Kameradschaftlichkeit vollbrachte, hat Mühen und Kostenaufwendungen beansprucht, die jede vorausgegangene Veranschlagung weit übersteigen. Der vom edelsten Wollen getragenen Idee gebührt unsere uneingeschränkte Teilnahme und wärmste Anerkennung.«
Zweifelsfrei werden hier die politische Lage und die damit verbundenen wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Rheinlands stark pointiert, aber es ging den Künstlern in dieser Zeit wirklich schlecht.
Der künstlerische Eindruck der Berliner Ausstellung, aber auch der zuvor gezeigten Regionalschauen fand sehr unterschiedliches Echo in der Bandbreite von negativ bis positiv. Immerhin - es wurde diskutiert.
Die Frage, wie lange der Künstlerbund, der unter Federführung von Friedrich Karl Ströher und Heinrich Gesemann gegründet worden war, bestand, lässt sich derzeit ebenfalls nicht beantworten. Möglicherweise beschränkte sich das Auftreten auf die wenigen Pressemeldungen und auf den Zeitraum von 1921 bis zum Tode Ströhers im Dezember 1925.
Nach nunmehr 85 Jahren begegnen sich viele dieser Künstler, die im Umfeld der Künstlergruppe »Westmark« zu Beginn der 1920er Jahre zusammengekommen waren, erneut in einem gemeinsamen Ausstellungsprojekt des Stadtmuseum Simeonstift Trier, Schlosspark Museum Bad Kreuznach, Mittelrhein-Museum Koblenz und Hunsrück-Museum Simmern. Gezeigt werden Werke von Hans Adamy, Heinrich Gesemann, Robert Gerstenkorn, Heinrich Hartung, Carl Kastenholz, Ludwig Cauer, Peter Krisam, Max Lazarus, Martin Mendgen, Emil Müller-Ewald, Fritz Quant, Hanns Sprung, Friedrich Karl Ströher, August Trümper, Louis Ziercke.
Quelle: Vorwort des Ausstellungsführers »Von innerer Überzeugung beseelt ...«, Mittelrhein-Museum Koblenz, 2007

 

Friedrich Karl Ströher - Mein Vater in blauer Jacke (Ausschnitt), Öl auf Leinwand, 1920


Ausstellungen

30. März 2008 - 29. Juni 2008
Von innerer Überzeugung beseelt ...
Künstlerischer Aufbruch in der südlichen Rheinprovinz nach dem Ersten Weltkrieg
Gemeinschaftsausstellung von Hunsrück-Museum Simmern, Stadtmuseum Simeonstift Trier,
Mittelrhein-Museum Koblenz und Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

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25. August 2007 - 28. Oktober 2007
Von innerer Überzeugung beseelt ...
Künstlerischer Aufbruch in der südlichen Rheinprovinz nach dem Ersten Weltkrieg
Gemeinschaftsausstellung von Hunsrück-Museum Simmern, Stadtmuseum Simeonstift Trier,
Mittelrhein-Museum Koblenz und Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

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