30. März 2008 - 29. Juni 2008

Von innerer Überzeugung beseelt ...

Künstlerischer Aufbruch in der südlichen Rheinprovinz nach dem Ersten Weltkrieg

 

 

 

 

 

Der Künstlerbund Westmark

Gekürzte Fassung nach Dieter Marcos, Mittelrhein-Museum Koblenz

Kaum mehr als einige Zeitungsnotizen aus den Jahren 1921 und 1922 sind geblieben von der ersten Künstlervereinigung nach dem Ersten Weltkrieg im südlichen Rheinland. »Kunst des besetzten Gebietes« nannte die Deutsche Zeitung das Schaffen der beteiligten Künstler und bescheinigte ihnen »uneingeschränkte Teilnahme und wärmste Anerkennung« anlässlich einer Ausstellung im Berliner Künstlerhaus. Wie lange der Künstlerbund bestand, lässt sich nicht mehr eindeutig ermitteln.

Im 1921 gegründeten Künstlerbund »Westmark« hatten sich von Trier über Kreuznach, Simmern und Koblenz bis nach Köln ganz unterschiedliche Künstler zusammengeschlossen. Die meisten von ihnen waren akademisch ausgebildet und vertraut mit den künstlerischen Tendenzen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

Dennoch fallen ihre Namen im Zusammenhang mit den großen künstlerischen Leistungen der ersten Jahrhunderthälfte nur selten. Die Künstler dieser Generation erleben als Soldaten das Drama des Ersten Weltkriegs. Von dort zurückgekehrt, hegen viele eine »Aversion gegen den Impressionismus und standen dem Expressionismus kritisch gegenüber«, wie es der Stuttgarter Maler Wilhelm Geyer formulierte. Was die Künstler einte, war die Suche nach Wirklichkeit: Realismus nicht als reine Naturnachahmung, sondern als Abbild der Dinge jenseits ihrer physischen Erscheinung.

Eine besondere Rolle kommt dabei den hier gezeigten Selbstporträts zu. Der »Blick in den Spiegel« enthüllt die Frage nach der eigenen Identität: Noch im Krieg entstanden etwa Ströhers skeptisches Porträt eines Entwurzelten, oder Carl Kastenholz’ mit schnellen Pinselstrichen gemaltes Porträt als junger, aufstrebender Künstler. Gegen Ende der 1920er Jahre ändert sich das Bild: Heinrich Hartung malt sich 1928 in durchaus selbstsicherer Pose. Der erstarkende Nationalsozialismus lässt auch im Selbstporträt nur noch Raum für die große Pose, auch wenn Müller-Ewald und selbst der erklärte Nationalsozialist Mendgen sich selbst durchaus mit einer gewissen Skepsis betrachten.

Das Schicksal einer »verschollenen Generation zwischen zwei Weltkriegen, zwischen Nazi-Kunst und internationaler Moderne« beschreibt jedoch kaum ein Selbstporträt eindrücklicher als jenes Peter Krisams: er malt sich in der Pose des Clowns.

 

Hans Adamy
(Trier-Pfalzel 1890 - 1970 Trier-Pfalzel)
Selbstporträt
undatiert
Öl auf Holzfaser
42 x 32 cm
Stadtmuseum Simeonstift Trier

 

Friedrich Karl Ströher
(Irmenach 1876 - 1925 Irmenach)
Selbstporträt mit blauer Jacke
undatiert (um 1916)
Öl auf Leinwnd
58,5 cm x 50,5 cm
Hunsrück-Museum Simmern

 

Karl Kastenholz
(Sobernheim 1889 - 1964 Bad Kreuznach)
Selbstporträt
undatiert (1923?)
Öl auf Hartfaser
62 x 49 cm
Privatbesitz

Hanns Sprung
(Koblenz 1884 - 1948 Bendorf)
Selbstporträt
1924
Öl auf Leinwand
59 x 54 cm
Privatbesitz

 

 

Künstlerische Vielfalt - ein gemeinsames Ziel

Gekürzte Fassung nach Dieter Marcos, Mittelrhein-Museum Koblenz

Bei aller Individualität der Mitglieder der Künstlergruppe »Westmark«, verbindet die Künstler der Verzicht auf jene Stilisierungsversuche, die seit dem Jugendstil die Erscheinungsformen der »Klassischen Moderne« bestimmt haben. Ungeachtet der Vielfalt im Ausdruck besteht das Gemeinsame in einer an der Realität orientierten Wirklichkeitsbewältigung.

Dabei vollziehen vor allem die Künstler der »Neuen Sachlichkeit« eine Abgrenzung zu den malerischen Erfahrungen des Expressionismus wie der hier gezeigte Trierer Martin Mendgen.

Seine Bilder sind geprägt von großen, schlichten Formen, bis hin zum Kristallinischen: Ausdruck einer Suche nach den grundlegenden Formen der sichtbaren Welt. Nach den Formrevolten der Moderne strebt die »Neue Sachlichkeit« nach Ordnung und Gelassenheit des Ausdrucks als Antwort auf die revolutionären und zerstörerischen Kräfte der zurückliegenden Jahre.

Eine formale Gegenposition nehmen die »Veristen« ein. Ihre Bildthemen sind der sozialen Realität entnommen, wobei - wie schon ein Jahrhundert zuvor - die Familie in den Mittelpunkt des Interesses tritt: Das »kleine Glück« als Gegenentwurf einer zerissenen Gesellschaft.

Neue Deutungen des Religiösen und nach dem Ursprung der Kreatur führen bei einigen Künstlern zu visionären Bildern, wie sie bereits frühe Grafiken Müller-Ewalds zeigen. Die Erfahrung des Leids führt zu einem Wiederaufleben symbolischer Formsprache, häufig angesiedelt im Milieu der modernen Großstadt, wie Carl Kastenholz’ »Ecce Homo« und »Dem Lichte zu«. Er verbindet die soziale Realität mit religiösen Motiven: Sein Zyklus »Licht und Dunkel«, entstanden Ende der 1920er oder Anfang der 1930er Jahre führt das gemeinsame Schicksal des nackten Menschen mit dem Erlösungsgedanken des Christentums auf eindringlichste Weise vor Augen.

In den fünfziger Jahren ergänzte Kastenholz diesen Zyklus und stellte ihn neu zusammen, wobei er den Titel in »Die Finsternis und das Licht« änderte. In dieser Fassung wurde sechs Gemälden des ersten Zyklus, welche die Gefährdung des Menschen in der Großstadt thematisierten, sechs Gemälde des Lebens im Einklang mit der Natur gegenübergestellt.

Hans Adamy
(Trier-Pfalzel 1890 - 1976 Trier-Pfalzel)
undatiert
Öl auf Hartfaser
Simeonstift Trier

 

Ludwig Cauer
(Kreuznach 1866 - 1947 Bad Kreuznach)
Fahnenträger
ohne Jahr (Ende 20er/Anfang 30er Jahre)
Bronze
Höhe: 72,5 cm
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Friedrich Karl Ströher
(Irmenach 1876 - 1925 Irmenach)
Selbstbildnis
1918
Bronze/Wachsguss
Höhe: 35,7 cm
Hunsrück-Museum Simmern

 

Friedrich Karl Ströher
(Irmenach 1876 - 1925 Irmenach)
Selbstporträt mit Stahlhelm
1917
Öl auf Leinwand
46,5 x 32 cm
Hunsrück-Museum Simmern

 

Wilhelm Terwei
(1875 Letmathe - 1946 Morbach)
Die Aussteuer
Öl auf Leinwand
signiert und datiert »W. Terwei 1911«
Privatbesitz

 

Hanns Sprung
(Koblenz 1884 - 1948 Bendorf)
Puppchen
1912/1913
Öl auf Leinwand
62 x 52 cm
Mittelrhein-Museum Köln

 

 

 

Martin Mendgen
(1893 Trier - 1970 Trier)
Erinnerung an eine Begebenheit (Das Verhör)
undatiert
Öl auf Hartfaser
Simeonstift Trier

 

Helene Voigtländer
(Kreuznach 1857 - 1934 Bad Kreuznach)
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Carl Kastenholz
(Sobernheim 1889 - 1964 Bad Kreuznach)
Öl auf Leinwand
signiert »C. Kastenholz«
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Helene Voigtländer
(Kreuznach 1857 - 1934 Bad Kreuznach)
signiert und datiert »H. Voigtländer 1925«
Öl auf Leinwand
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Die neue Wahrnehmung

Gekürzte Fassung nach Dieter Marcos, Mittelrhein-Museum Koblenz

Der gewaltsamen Begegnung mit der Realität während des Ersten Weltkriegs folgt in den anschließenden Jahren ein künstlerisches Schaffen, das von einem Wiederaufleben realistischer Tendenzen geprägt ist.

Geschult an den bildnerischen Möglichkeiten, die seit der Jahrhundertwende entwickelt worden waren, wird das Pathos früherer Epochen ersetzt durch eine nüchterne Welterfassung, die Ausdruck findet in einem expressiven Realismus.

Alltägliches erfährt neue Wertschätzung, auch unscheinbare Dinge können zum Motiv werden: eine Dorfkirche oder ein kleiner Wasserfall wie bei Heinrich Gesemann, oder einfach nur die Weite der Hunsrück-Landschaft bei Ströher. Die Freude an der Natur, an der Landschaft, die Freude das Grauen überlebt zu haben, findet ebenfalls Ausdruck: »Nicht mehr Motive sind zu malen, sondern die Welt, d. h. Himmel und Erde, das Wachsen der Bäume, Blühen der Blumen und Lust und Qual der Menschen«, formuliert 1936 der schwäbische Maler Franz Frank. Das beinah vollständige Fehlen von Menschen und die nüchterne Darstellung der Dörfer und Städte in jenen Jahren stehen im Kontrast zu der Heimattümelei späterer Darstellungen.

Vor allem bei Gerstenkorn klingt durch die Betonung der Bildkonstruktion, der Glätte der Oberflächen und der Isolierung der einzelnen Motive eine Nähe zur Neuen Sachlichkeit an, die jedes Sentiment vermissen lässt - selbst da, wo er den Menschen ins Bild zurückholt, wie bei seinem »Jahrmarkt«. Obwohl von einer Reise nach Frankreich inspiriert, fehlt hier die impressionistische Freude am unbeschwerten Erlebnis, am Glanz der Sonne, aber auch die Spannung seelischer Zustände, wie sie den Landschaften der Expressionisten eigen ist. Die Stadt und der darin handelnde Mensch werden zu Bestandteilen eines unendlichen Naturraums.

Ganz anders bei Hartung: Dessen konservative Grundhaltung zeigt sich in seinen Stadt- und Landschaftsbildern. Sein »Markt« steht in einer spätimpressionistischen Tradition, die auch Adamys und Quants Ansichten von Trier auszeichnet.

Die expressiven Landschaften von Louis Ziercke und Jans Kruzwicki dagegen sind geprägt von der zurückliegenden und leidvollen Wahrnehmung der Natur und ihrer bedrohlichen Seiten.

 

 

Carl Kastenholz
(Sobernheim 1889 - 1964 Bad Kreuznach)
Öl auf Hartfaser
signiert »C. Kastenholz«
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Hanns Sprung
(Koblenz 1884 - 1948 Bendorf)
Kreuzigung
Öl auf Hartfaser
Privabesitz

 

Carl Kastenholz
(Sobernheim 1889 - 1964 Bad Kreuznach)
signiert »C. Kastenholz«
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Helene Voigtländer
(Kreuznach 1857 - 1934 Bad Kreuznach)
signiert und datiert »H. Voigtländer 1921«
Öl auf Leinwand
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Heinrich Hartung IV
(Düsseldorf 1888 - 1966 Koblenz)
Porträt Karla Linz
1919
Öl auf Pappe
57 x 55 cm
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach
Mittelrhein-Museum Koblenz

Ludwig Cauer
(Kreuznach 1866 - 1947 Bad Kreuznach)
Mönch
Gips
o. J. (1925)

 

Ludwig Cauer
(Kreuznach 1866 - 1947 Bad Kreuznach)

 

Das neue Menschenbild

Gekürzte Fassung nach Dieter Marcos, Mittelrhein-Museum Koblenz

Die »Entmenschlichung der Kunst« konstatiert 1925 der spanische Philosoph Ortega y Gasset für die Moderne. Die tief greifenden Veränderungen der Gesellschaft hatten bereits in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts einen Wandel künstlerischer Ausdrucksformen nach sich gezogen, was vor dem Krieg in zunehmenden Maß zu einem Verzicht auf die Darstellung des sinnlich Erlebbaren führte.

Die Verunsicherung des Realitätsbegriffs, die sich nach den Kriegsjahren noch deutlicher zeigt, führte bei vielen Künstlern zu einer Neuorientierung, die sich auch in einem neuen Menschenbild äußert. Das Neuartige daran ist weit weniger sensationell und vielschwerer auszumachen als die offensichtlichen Brüche der vorausgegangenen »Moderne«. Charakteristisch ist der weitgehende Verzicht auf Repräsentation zugunsten einer ihrerseits fast pathetisch anmutenden Schlichtheit. Dieses gilt z. B. für Ströhers Bildnis seines Vaters von 1920, das diesen völlig unprätentiös in seiner Arbeitskleidung zeigt, das Gesicht gezeichnet von einem harten, entbehrungsreichen Leben - und doch voller Würde. Auch Carl Kastenholz’ Porträt des Alfred Kömpel zeigt die gleiche Skepsis, zeigt die Bitternis des Erfahrenen, und gleichzeitig den Stolz des Erreichten.

In den Porträts Hartungs tritt uns dagegen noch einmal der akademische Stil des 19. Jahrhunderts entgegen, den Hartung Zeit seines Lebens weitgehend beibehalten hat.

Dagegen ist Hanns Sprungs »Schauspieler Kai Möller«, dass diesen in seiner Paraderolle in dem heute vergessenen Stück »Patrioten« zeigt, eines der besten Beispiele eines »expressiven Realismus«, der anstelle des repräsentativen Porträts das Zeitlose in der Darstellung des Menschen sucht.

Ganz anders tritt dieses »Überzeitliche« im Porträt der Frau Blatt von Max Lazarus zutage, während Carl Kastenholz seinen »Herr Klaas« oder das »Bildnis eines Unbekannten« bereits mit den Mitteln der Neuen Sachlichkeit als großformatiges »Herrenbildnis« gestaltet.

 

 

 

 

Emil Müller-Ewald
(Orupönen 1881 - 1941 München)
Apokalypse Bl. 5
1912
Radierung
24 x 20,5 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Adam Münch
(Lahr/Hunsrück 1888 - 1970 Koblenz)
Hunsrücklandschaft
1929
Öl auf Leinwand
56,5 x 68,5 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Carl Kastenholz
(Sobernheim 1889 - 1964 Bad Kreuznach)
Nahelandschaft im Vorfrühling
Ende 40er Jahre
Öl auf Holz
signiert »C. Kastenholz«
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Louis Ziercke
(Godesberg 1887 - 1945 Bad Godesberg)
Schlittschuhläufer
1927
Öl auf Pappe
66 x 52 cm
Privatbesitz

 

Wilhelm Terwei
(1875 Letmathe - 1946 Morbach)
Morbacher Markt
Öl auf Leinwand
signiert und datiert »W. Terwei 1906«
Privatbesitz

 

Heinrich Hartung IV
(Düsseldorf 1888 - 1966 Koblenz)
Markt
1924
Öl auf Pappe
50 x 60,8 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Heinrich Hartung IV
(Düsseldorf 1888 - 1966 Koblenz)
Rheinlandschaft
1931
Öl auf Leinwand
43,5 x 70,7 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Wilhelm Terwei
(1875 Letmathe - 1946 Morbach)
Blick auf Morbach
Öl auf Leinwand
bezeichnet »Hochwald Morbach Bez. Trier«
signiert »W. Terwei«
undatiert (30er Jahre)
Privatebesitz

 

Die vergessene Generation

Gekürzte Fassung nach Dieter Marcos, Mittelrhein-Museum Koblenz

Zum zweiten Mal war 1945 die Generation der kurz vor der Jahrhundertwende Geborenen durch den Sturm eines verheerenden Krieges gegangen.

Dabei haben die meisten Künstler alle Verbindungen zum internationalen Kunstschaffen verloren: Sei es durch abgebrochene Freundschaften als Folge der Emigration, durch heimliches Arbeiten ohne Vergleiche und öffentliche Kontakte oder durch die Anpassung an das reaktionäre Kunstideal einer Diktatur.

Bereits 1946 finden im Rheinland wieder erste öffentliche Kunstausstellungen statt, an denen sich auch zahlreiche »etablierte« Künstler der Vorkriegszeit beteiligen. Ein radikaler Bruch hat hier nicht stattgefunden.

Das sollte sich bald ändern: Während in der Schweiz 1949 zum ersten Mal nach dem Krieg eine Ausstellung versucht, das deutsche Kunstschaffen von 1930 bis 1949 abseits der »offiziellen« Kunst zu erfassen, führen kulturpolitische Aktivitäten der Alliierten und beginnender Wirtschaftsaufschwung zu einem besonderen Interesse an der die internationale Kunstszene dominierenden gegenstandslosen Kunst. Die »Klassische Moderne«, deren Blütezeit bereits in den Jahren von 1905 bis 1925 lag, wird »wiederentdeckt«: Abstrakte und konstruktive Formenexperimente, im Wesentlichen längst die internationale Kunst bestimmend, stehen von nun an im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses.

Die Maler, die 1921 nach den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges hoffnungsfroh den »Künstlerbund Westmark« gegründet hatten, aber auch ihre Zeitgenossen in den großen Metropolen, waren die erste Generation, die auf die »Erfinder« der Moderne folgten. Sie begeisterten sich an deren malerischen Möglichkeiten und Freiheiten. Und sie entwickelten eine ganz eigene Kunst, häufig nicht weniger modern, nicht weniger zeitgemäß als die Moderne selbst.

Ihre Tragödie war das völlige Erlöschen künstlerischer Innovation in den Jahren von 1933 bis 1945. Danach zeigte sich in Deutschland ein Nachholbedarf an dem, was man lange Jahre vermisst hatte. Und vor allem: längst war eine neue Generation herangewachsen, deren Kraft ausreichte um den Anschluss an die internationale Kunstströmungen zu vollziehen.

Viele der nunmehr Mittfünfziger hatten diese Kraft nicht mehr. Verschollen zwischen zwei Kriegen spielten sie im öffentlichen Bewusstsein kaum noch eine Rolle.

 

 

 

 

Friedrich Karl Ströher
(Irmenach 1876 - 1925 Irmenach)
Blick über Starkenburg im Frühling
1920
Öl auf Leinwand
63 x 54 cm
Hunsrück-Museum Simmern

 

Friedrich Karl Ströher
(Irmenach 1876 - 1925 Irmenach)
Frühlingslandschaft im Hunsrück
undatiert (1920)
Öl auf Leinwand
46,5 x 61 cm
Hunsrück-Museum Simmern

 

Friedrich Karl Ströher
(Irmenach 1876 - 1925 Irmenach)
Blumen in blauem Krug vor rotem Hintergrund
undatiert (um 1925)
Öl auf Leinwand
75 x 66 cm
Hunsrück-Museum Simmern

 

Hanns Sprung
(Koblenz 1884 - 1948 Bendorf)
Stilleben Flasche, Äpfel und Birne
1941/42
Öl auf Leinwand
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Louis Ziercke
(Godesberg 1887 - 1945 Bad Godesberg)
Der Pflug
undatiert (1920 - 1927)
Öl auf Leinwand
80 x 90 cm
Privatbesitz

 

Carl Kastenholz
(Sobernheim 1889 - 1964 Bad Kreuznach)
Im Licht
undatiert (1950er Jahre)
Nr. 12 aus dem zwölfteiligen Zyklus »Die Finsternis und das Licht«
Öl auf Holz
Schloßparkmuseum Bad Kreuznach

 

Emil Müller-Ewald
(Orupönen 1881 - 1941 München)
Passion Bl. 4
1912
Radierung
25,5 x 15 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Emil Müller-Ewald
(Orupönen 1881 - 1941 München)
Passion Bl. 5
1912
Radierung
15 x 25,5 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Emil Müller-Ewald
(Orupönen 1881 - 1941 München)
Passion Bl. 6
1912
Radierung
25,5 x 15 cm
Mittelrhein-Museum Koblenz

 

Die »Vereinigung bildender Künstler von Nahegau mit dem Sitz Kreuznach«

Überall in Deutschland entstanden während der Weimarer Republik Künstlergruppen und Künstlerverbände, die in regem Austausch standen und sich in Ausstellungen gemeinsam der Öffentlichkeit präsentierten.

Die am 29. Juni 1921 in Kreuznach gegründete »Vereinigung bildender Künstler von Nahegau mit dem Sitz Kreuznach«, schloss sich dem »Künstlerbund Westmark« an. Neben Ludwig Cauer, der den Vorsitz führte, gehörten unter anderen Helene Voigtländer, Carl Kastenholz, Adolf Brauer und Willibald Hamburger zu den Mitgliedern. Hauptziel dieser Vereinigung war »die Entwicklung auf die Bevölkerung unserer engeren Heimat in künstlerischer und kultureller Hinsicht.« Es galt aber auch, trotz der widrigen wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse neue Möglichkeiten der Präsentation und der Vermarktung zu finden.

Am 7. Juli 1921 wurde im Kurhaus von Kreuznach eine gemeinsame Präsentation, die kurzerhand als »Mo-Ho-Hu-(Mosel-Hochwald-Hunsrück)-Ausstellung« betitelt wurde, eröffnet. Rund 220 Arbeiten dokumentierten das vielfältige Kunstschaffen der Teilnehmer.

Darüber hinaus verfolgte diese Ausstellung auch das Ziel, dem heimatlichen Kunstgeschehen einen neuen Stellenwert zu geben - was nicht zuletzt angesichts der französischen Besetzung geschah.

Dieser Heimatgedanke äußerte sich in verschiedenen begleitenden Sonderausstellungen. Karl Geib, der rührige Gründer des Kreuznacher Heimatmuseums, stellte eine Präsentation mit Zeugnissen steinzeitlicher Besiedlungen der Region zusammen. Die Fotografin Nelli Schmithals zeigte Aufnahmen ihrer Heimatstadt Kreuznach und der Umgebung, der Kreuznacher Weinhändler C. F. Eccardt bot Wein aus seinen Kellern an und präsentierte Gemälde seines Vorfahren, des Künstlers Ludwig Kauffmann.

Auch ein Markt mit kunsthandwerklichen Arbeiten u. a. nach Entwürfen des Künstlers Paul Nobis, der auch Mitglied des Westbundes war, gehörte zur Ausstellung. Für Lokalkolorit sorgte eine »vollständig eingerichtete Bauernküche«, die von der Gemeinde Hüffelsheim zur Verfügung gestellt wurde.

 

Die Begleitbroschüre zur Ausstellung:
Von innerer Überzeugung beseelt ...
Künstlerischer Aufbruch in der südlichen Rheinprovinz nach dem Ersten Weltkrieg
Hrsg.: Hunsrück-Museum Simmern, Stadtmuseum Simeonstift Trier,
Mittelrheinmuseum Koblenz, Schloßpark Museum Bad Kreuznach, 2007
Teilweise noch erhältlich in den Museumsshops


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