Der neue Weg der Kunst zum Volk

NS-Gemeinschaftsausstellung Kunst und Künstler, Kreis Mayen 1936

Dr. Werner Jüttner

Wenn wir die Wiederaufrichtung unseres Volkes als Aufgabe unserer Zeit und unseres Lebens empfinden, sehen wir vor uns nicht nur die leidende Wirtschaft, sondern ebenso die bedrohte Kultur. Nicht nur die Not des Leibes, sondern nicht weniger die Not der Seele. Und wir können uns keinen Wiederaufstieg des deutschen Volkes denken, wenn nicht wiederersteht auch die deutsche Kultur, und vor allem die deutsche Kunst.
Adolf Hitler

P. Plum (Inden, Rhld.): Steinbrucharbeiter
NS.-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler, Kreis Mayen 1936
Aufnahme: Hallensleben
© Fotoarchiv des Ruhr Museums Essen

Tat statt Theorien

Im Gegensatz zu früher hat die nationalsozialistische Kulturpolitik, fern von allen weltfremden Theorien, die Tat in den Mittelpunkt gestellt. Einst glaubte man den Künstler als den »Urindividualisten aller Individualisten« bezeichnen zu können, der sich still in sein Atelier zurückzog und hier seine Kunst um der Kunst willen betrieb. Wollte man der Kunst helfen, dann musste der Künstler aus seiner Isolierung herausgerissen und als notwendiges Glied wieder der Volksgemeinschaft eingefügt werden. Denn wie konnte er als Außenstehender das formen und gestalten, was die Volksgemeinschaft zutiefst bewegte!

Aus der richtigen Erkenntnis, dass die üblichen Ausstellungen und Atelierbesuche nicht zum Ziele führen können, entstand der Plan des »Gemeinschaftswerkes Kunst und Künstler«, wie er wohl erstmalig im Gau Hessen verwirklicht worden ist, um dann 1936 in einer großzügig angelegten Aktion des Kreises Mayen von Gauleiter Simon, Koblenz, und Kreisleiter Heiliger, Mayen, seine Fortsetzung zu finden.
»Mit dem Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler haben wir an sich nichts anderes gewollt, als die Worte des Führers über die deutsche Kunst zu unserem Teil Tat werden zu lassen«, beginnt Kreisleiter Heiliger seine Ausführungen.

Die Ausführung

Fast hundert Künstler, Maler, Bildhauer, Graphiker und Kunsthandwerker aus allen Gauen Deutschlands waren im Laufe des Sommers 1936 zu einem drei- bis vierwöchigen kostenlosen Aufenthalt eingeladen worden. Diese Tat verdient besondere Hervorhebung, da der Kreis Mayen anerkanntes Notstandsgebiet ist. Neben der finanziellen Unterstützung durch Behörden und Kunstfreunde ermöglichte die einsatzbereite Bevölkerung durch Zurverfügungstellen von Gastquartieren an die Künstler die Verwirklichung des Planes. Dem Künstler waren, wenn er auch nur für Kürzere Zeit hier lebte und wirkte, durch Land und Leute fest umrissene Aufgaben gestellt.

Vom Volk zur Kunst

Der Kreis Mayen, zwischen Rhein und Mosel, ist das Gebiet der Steine und Erden. Hier ist die Heimat des Basalts, des Tuff, des Schiefers und des Bims. Weite Strecken fruchtbarer Landschaft wechseln mit felsigem Boden. Hart arbeitet der Mann im Steinbruch, hart ringt der Bauer der Scholle seine Nahrung ab. Arbeit und Landschaft formen das Antlitz dieser wortkargen Menschen.
Als das Gemeinschaftswerk Wirklichkeit wurde, mag mancher zunächst verwundert seinen Kopf geschüttelt und nur zögernd seinen Gast, den »Künstler«, empfangen haben. Doch das Eis war bereits gebrochen, als keineswegs Mitgleider der »Malerschule Apelles« aus Vorkriegsnummern der »Fliegenden Blätter« mit breitkrempigen Hüten und Rauschebärten und obendrein einer seltsamen sittlichen Auffassung erschienen und man feststellte: diese Künstler waren ja auch Menschen. Arbeitsreiche Tage begannen. Mit einer wahren Leidenschaft half die Bevölkerung Motive aufzuspüren. Mochte der eine oder andere den Maler erst für eine Art Fotografen halten, der nur mit anderen Mitteln ein Abbild hervorzauberte, so fand man doch bald heraus, dass es dem Künstler darauf ankam, einen bestimmten landschaftlichen Ausschnitt in seiner Stimmung einzufangen und festzuhalten. Als die Bevölkerung aus nächster Nähe das Werden eines Kunstwerkes mit verfolgte, erkannte sie im Künstler einen auf seinem Gebiet tätigen Volksgenossen. Der Weg vom Volk zur Kunst war gefunden.

C. F. F. Coester (Biebesheim a. Rh.): Dreigespann
NS.-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler, Kreis Mayen 1936
Aufnahme: Hallensleben
© Fotoarchiv des Ruhr Museums Essen

M. Metzker (Düsseldorf): Ein Sommertag bei Münstermaifeld
NS.-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler, Kreis Mayen 1936
Aufnahme: Hallensleben
© Fotoarchiv des Ruhr Museums Essen

Von der Kunst zum Volk

Die Künstler kamen aus den großen und kleinen Städten der verschiedenen deutschen Gaue in eine Landschaft und zu Menschen, mit denen sie sich jetzt beschäftigen mussten. So standen sie nicht mehr einsam in ihren Dachkammer-Ateliers, grübelnd nach Gedanken, die Bild werden sollten, sondern mitten in einer deutschen Landschaft und ihren Menschen. Der tägliche Umgang und das ihren Menschen. Der tägliche Umgang und das allmähliche Vertrautwerden mit den Freuden und Sorgen des Alltags lehrten sie, Land und Leute der Eifel verstehen.
Abwägende, offene Kritik bewies dem Künstler, dass das Volk - trotz gegenteiliger Behauptung weltfremder Ästheten - ein feines Gefühl besitzt. Da erkannten die Bauern mit großer Freude ihre Felder und Fluren und die Arbeiter ihre Werkplätze in den Steingruben und Schieferbrüchen auf den Bildern wieder und mochten vielfach jetzt erst die Schönheit all dieser Dinge empfinden. So konnte der Künstler aus vollem Herzen schaffen, spürte er doch den zu seiner Arbeit notwendigen Widerhall. Mancher Künstler sah vielleicht zum ersten Male seine eigentliche Berufung: arbeiten im Volk und für das Volk. Kunst und Künstler hatten den Weg zum Volk gefunden.

Die Ausstellung

Die Ausstellung, die in Köln, Düsseldorf, Wuppertal und anderen westdeutschen Städten gezeigt wird, bringt die von einer Jury getroffene Auswahl von ungefähr 240 Arbeiten, Ölbilder, Aquarelle, Radierungen und Zeichnungen.
Landschaftliche Stimmungsbilder beanspruchen den weitaus größten Raum: Blicke in das Rhein- und Moseltal und in ihre still verträumten Seitentäler; eingefangen am frühen Morgen, wenn noch die Nebelschwaden in der Tiefe geistern, oder am späten Nachmittag, wenn die Berge ihre dunklen Schatten werfen. Die weite Ebene des fruchtbaren Maifeldes in der Glut der Mittagshitze zur Erntezeit, wenn das Klappern der Binder und Mähmaschinen erklingt. Man erblickt Dörfer und Flecken der Eifel, eingebettet in diese stimmungsvolle und abwechslungsreiche Landschaft. Daneben das stolze Bild der Arbeit: Werkmänner in den Basaltgruben und Schieferbrüchen, und wir spüren die Härte des Steines und die Härte dieser Menschen, die mit Brecheisen, Bohrer und Sprengmitteln den Felsen bearbeiten. So haben die Künstler Landschaft und Menschen ihres gastlichen Kreises geschildert, und der Besucher der Ausstellung erhält eine eindrucksvolle künstlerische Darstellung dieses Teils seines deutschen Vaterlandes: Westmark - Grenzland!

F. Schröder (Hufe, Bez. Köln): Schieferabbau in der Grube Katzenberg
NS.-Gemeinschaftswerk Kunst und Künstler, Kreis Mayen 1936
Aufnahme: Hallensleben
© Fotoarchiv des Ruhr Museums Essen

Kritik

Bei der Betrachtung dieser Schau muss die alles Gesunde vernehmende Kritik der Systemzeit versagen. Die »Beckmesser« eilen von Bild zu Bild und schwingen drohend ihre Elle, während die »Historiker« die einzelnen Künstler zu Stil-Gruppen und Richtungen zusammenfassen, um den »modernen Stil« zu finden, der dann mit irgendeinem -ismus bezeichnet werden kann. Vergessen wir nicht, dass das Bild unserer deutschen Kunst immer ein vielfältiges war und sein wird. Wir wollen nicht irgendeinen »Stil-Ismus«, sondern eine deutsche Kunst. Der Weg dazu ist betreten: Rückkehr zur Natur und ihren Gesetzen.
Denjenigen aber, die etwas allzu eil- und leichtfertig mit ihren Geschmacksmitteln umgegangen sind, um ein Bild in den Rahmen zu bekommen, rufen wir zu: Bedenkt, das Handwerk muss wieder zur festen Grundlage der Kunst werden! Und noch etwas anderes. Die Ausstellung bringt eine Fülle von landschaftlichen Motiven, aber nur wenige Darstellungen des Menschen. Wir wissen: es waren oft die Schwierigkeiten der Modellfrage - und trotzdem, deutscher Künstler, vergiß in deinem Werke nicht den deutschen Menschen!

Ausblick

Ein neuer erfolgreicher Weg der Kunst zum Volk ist begangen worden. Die Phase von einer missverstandenen »Freiheit der Kunst und des Künstlers« ist überwunden. Volk und Künstler haben die Hände ergriffen, um sie nie mehr loszulassen! Volk und Kunst, das bedeutet nicht mehr lebensfremde Theorie von einst, sondern nationalsozialistische Tat.


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