Wilhelm Degode (1862 - 1931)

Maler des Gerlosteiner Landes

Dr. Conrad-Peter Joist

Wilhelm Degode im Atelier, Photo 1899

 

Als mir zum erstenmal Bilder von Wilhelm Degode begegneten, war ich so begeistert, dass ich mich fragte, weshalb immer nur von Fritz von Wille als dem Maler der Eifel geredet wird.

Dr. Alois Mertes, der sich sehr um das Werk Degodes bemüht hat, schrieb mir damals: Degode war nicht so berühmt wie Fritz von Wille, doch sind seine Werke sicher genauso bedeutend.1)

In dem »Grußwort« des Ausstellungskataloges 2) formulierte Dr. Mertes dann das besondere Merkmal der Landschaftsbilder von Wilhelm Degode: »Hat er doch die Landschaft in einer Weise erfühlt und gemalt, die einmalige Charakterzüge unserer Heimat erfasst: ihre herbe und gleichzeitig beruhigende Schönheit; ihren faszinierenden Formen- und Farbenreichtum; eine Art liebevoller Wärme, die auch nur die Natur zu beseelen scheint und aller Kräfte trotzte.«

Wirtschaftlich unabhängig und auch genügsam, malte Degode mit persönlichem Engagement und innerer Beziehung zu seinen Motiven, in gewisser Bescheidenheit und ohne stärkeren Drang zu öffentlicher Anerkennung.

Seine relativ geringe Ausstellungstätigkeit beschränkt sich auf eine Einzelausstellung in Oldenburg - im Jahre 1905 - und ansonsten nur auf Teilnahme an Kunstausstellungen in Düsseldorf, München, Berlin u.a., doch nur zwischen 1890 und 1913.

Dr. Zippe3) fasste seine Begegnung mit dem Maler Degode im September 1904 in Gedichtform4):

Es kam ein Maler nach Gerolstein,
Im August mag es wohl gewesen sein,
Bald saß er im Feld, auch im dunkelsten Schatten,
Bald auf sonnenbeglänzten grünenden Matten -
Bald malte er oben, bald malte er unten,
In jedem Winkel fast wurd’ er gefunden,
Bald malte er am Abend, bald malte er am Morgen,
Er machte sich immer nur darum Sorgen,
dass er könnte malen noch alles hier,
Obgleich unerschöpflich die Fülle schier.
Doch sah man wenig von seiner Sachen,
Es mochte wohl mancher drob spotten und lachen:
»Grau nimmt er die Leinwand immer mit,
Und grau auch bringt er sie wieder zurück.«
Doch das war nur ein Kniff - gleich sollt Ihr sehn,
was mit der Eifel ist geschehn.
Er hat sie ganz und gar gestohlen!
So’n Maler mag der Teufel holen!
So ruft Ihr in Eurem Innersten aus.
Der nimmt die Romantik von hier hinaus!
Doch wartet nur ab, es ist nicht so schlimm,
Der Maler hätte den wenigsten Grimm,
Wenn jeder ein Stück nähme mit nach Haus,
Und er verkaufte die Eifel aus.
So bliebe sie Euch erhalten vollkommen,
Und beide Theil’ wär’n auf die Kosten gekommen.
Dann denkt Ihr gern an ihn zurück,
Und ihn führte wohl ein glückliches Geschick
Im nächsten Jahre, - es wäre zu fein -
Zurück nach dem herrlichen Gerolstein.

 

Abb. 1 Auberg und Munterley, Öl auf Leinwand, 100 x 148 cm, 1891

 

Gasthaus Heck in Gerolstein, Photo um 1900

 

Abb. 2 Munterley, Öl auf Leinwand, 18 x 41 cm, 1902

 

Biographisches

Wilhelm Degode wurde am 6. Februar 1862 als einziges Kind des Kaufmanns Wilhelm Degode und seiner Frau Frederike geb. Georg in Oldenburg geboren. Er besuchte Volksschule, Realschule und Realgymnasium in Oldenburg und Osnabrück.

Während der Schulzeit erhielt Degode Malunterricht bei Herrn Diedrichs, dem Konservator des Augusteums (Gemäldegalerie) in Oldenburg.

1882 - um 1890 studierte er an der Kunstakademie in Düsseldorf.

1885 lernte Degode auf einer Studienreise an den Zwischenahner See bei Baurat Klingenberg dessen Nichte Sophie Stüve aus Osnabrück kennen, die er ein Jahr später heiratete.

Ab 1886 malte Degode häufig in der Eifel und nach 1889 vielfach im Künstlertreff, dem Gasthof Heck, mit anderen Künstlern in Gerolstein zusammen, u. a. mit Fritz von Wille und Hans R. von Volkmann.

1890 machte er auf Empfehlung von Prof. Dücker eine Studienreise nach Paris.

1895 siedelte er mit seiner Familie (zwei Söhne, zwei Töchter) aufs Land, nach Kaiserswerth. Hier unterhielt er von 1899 - 1906 ein Schüleratelier.

Bis 1912 nahm er an Ausstellungen in München, Berlin und Düsseldorf teil, an den großen Eifel-Ausstellungen im Jahre 1905 in Düren, 1911 in Bonn und 1913 in Trier beteiligte Degode sich mit etlichen Bildern.5)

1912 erschien eine Postkartenfolge mit Eifellandschaften im Verlag M. Heck in Gerolstein.

Nach dem Tode seiner Frau (1917) und des jüngeren Sohnes (1918) fand Degode nur langsam wieder zum Malen. Durch Freunde in Westfalen wurde die Landschaft bei Dringenberg für Degode Motiv. In die Eifel kam er nur noch zweimal, 1920 nach Nideggen und 1927 nach Gerolstein.

An Ausstellungen nahm er in diesen Jahren wahrscheinlich nicht mehr teil.

1925 erschien ein Album »Kaiserswerth« mit zwölf farbigen Reproduktionen nach seinen Aquarellen.

Am 26. November 1931 verstarb Wilhelm Degode in Kaiserswerth.

 

Abb. 3 Munterley, Bleistiftzeichnung, ca. 13 x 18 cm, 27.8.1901

 

Abb. 4 Felsen bei Gerolstein, Bleistiftzeichnung, ca. 13 x 18 cm, 17.7.1894

 

Abb. 5 Munterley, Öl auf Leinwand, 34 x 47 cm, 1908, Stadt Gerolstein

 

Künstlerischer Werdegang

Nach dem Wunsch des Vaters wäre Degode auch Kaufmann geworden, doch die Mutter unterstützte seine Neigung zur Malerei, als sie sah, wie begeistert ihr Sohn schon mit dreizehn Jahren im Oldenburger Schlossgarten nach der Natur zeichnete und malte. Deshalb ließ sie dem jungen Degode vom Konservator des Augusteums Malunterricht erteilen. Unter Anleitung des Konservators Diedrichs kopierte Degode etliche Gemälde der Galerie, daneben betrieb er auch eifriges Naturstudium im Schlosspark, im Everstenholz und in der weiteren Umgebung von Oldenburg.

1882 kam Degode als Student an die Kunstakademie Düsseldorf. Seine Ausbildung erhielt er bei Prof. Heinrich Lauenstein, Hugo Crola, später bei C. Jungheim und Heinrich Deiters, abschließend bei Prof. Eugène Gustav Dücker, der Degode wohl am meisten geprägt hat.

Wie Degode selbst äußerte, wurde er hier zunächst einmal mit der spätromantischen Landschaftsmalerei konfrontiert, mit der er sich dann auch recht stark beschäftigte. Auch seine Landschaftsbilder aus der Zeit um 1890 lassen noch eine starke Beeinflussung und eine Neigung zu romantisch idealisierter Landschaftsauffassung erkennen. (Abb. 1)

Durch Heinrich Hartung d. Ä. (Koblenz 1851 - 1919 Koblenz), den Degode als Mitglied des Düsseldorfer Malkasten kennen lernte, kam Degode 1886 erstmals in die Eifel und 1889 nach Gerolstein, wohin es ihn bis zu seinem Lebensende immer wieder drängte.6) Wie Hartung, so malte Degode zunächst im spätromantischen Stil. Bei seiner Studienreise nach Paris begegnete er den Werken französischer Impressionisten. Davon beeindruckt, öffnete Degode sich für diese Malerei und wandte sich langsam von spätromantischer Naturschilderung ab. (Abb. 2, 5)

Prof. E. Dücker, Hogo Mühlig und Adolf Lins führten Degode bei weiteren Studienreisen immer mehr zu impressionistischer Landschaftsschilderung, die danach sein weiteres Werk bestimmte. (Abb. 7)

 

Abb. 6 Kasselburg, Aquarell, 14 x 21 cm, 1911

 

Abb. 7 Blick aus dem Burggarten, Öl auf Leinwand, 36 x 50 cm, 1916

 

Abb. 8 Munterley, Bleistiftskizze, 13 x 18 cm, 5.7.1898

 

Zum Werk

Insgesamt besteht das Werk Degodes aus Landschaftsbildern, aus Aquarellen und Ölbildern, daneben aus vielen Bleistiftskizzen, 1929 schrieb Degode rückblickend, dass sein Werk 821 Ölgemälde und über 300 Aquarelle umfasst.7) Als seine Hauptwerke nannte er selbst 22 Arbeiten, überwiegend Eifellandschaften und daneben einige andere Landschaften.

Wahrscheinlich hat Degode vor Ort meist in kleinerem Format - etwa um 30 x 40 cm - gemalt, große Formate - 70 x 100 cm u.m. - hat er draußen angelegt und im Atelier beendet oder überarbeitet. Aquarelle sind meist kleinformatig und vor Ort entstanden, für (Bleistift-) Skizzen benutzte er größtenteils Blöcke im Format um 13 x 18 cm.8)

Wenn Degode in Oldenburger und westfälischer Landschaft Baum- und Strauchgruppen in weiterer Landschaft als Motiv nahm, so reizten ihn in der Eifel eher Burgen und Felsen, besonders aber die Felsformationen bei Gerolstein. (Abb. 1, 5, 6, 9)

Mehrfach malte er auch in Moselkern, Hellenthal und Nideggen, vielfach aber hielt er sich in Gerolstein auf.

Seine Skizzen zeigen am deutlichsten, dass er einerseits von Tälern, Wegen und Bachläufen, die sich in die Tiefe bewegen, andererseits aber von Felsbrocken und Burgen, die von starker Lichtmodulation bestimmt sind, motiviert war. (Abb. 3, 4, 8)

Mit weichem, breitem (Bleistift-)Strich hat er - eher schattierend - sein Motiv erfaßt, selten mit fester Linie. Immer wieder hat ihn die vielfältige Plastizität der Felsbrocken in vielen Variationen beschäftigt.

Sein Motiv war anfangs die öde Landschaft, mit Steinbrocken belegt, die im Vordergrund gestreut angeordnet sind und zu Felsblöcken oder ruinenbesetzten Kuppen im Hintergrund kontrastieren. Die Stimmungslandschaft ist in Bildern dieser Zeit mit heroischer Auffassung verbunden; Gebirgsstöcke und Felsbrocken verstärken als Zeichen oder auch als Relikte der Naturkräfte in vielfältiger Form die romantische Lichtstimmung. (Abb. 1)

Dieses Motiv dominiert in Skizzen und auch in Ölbildern und Aquarellen zwischen 1890 und 1908. (Abb. 2, 5)

Neben diesem oft bearbeiteten Motiv begeisterten Degode auch manchmal die hintereinander gestaffelten Hügelketten, die er als Farb- und Lichteffekte bei bestimmter atmosphärischer Situation ins Bild gebracht hat.

Der Pinselduktus in den Bildern nach 1906/07 verrät ein schnelles Vorgehen im malerischen Stil. (Abb. 2)

Wie Degode in den Jahren danach immer mehr zu impressionistischer Malweise gefunden hat, so hat er auch sein Motiv in dieser Zeit anders aufgegriffen. Den Horizont legte er nun höher, den Himmel arbeitete er weniger dramatisch aus, die Landschaft wurde für ihn alleiniger Träger atmosphärischer Stimmung, der Vordergrund wurde offener. (Abb. 6)

Momentane Lichtreflexe und Stimmungswerte breiteten sich in diesen Bildern über weite Landschaften, deren Tiefsicht durch horizontal gestaffelte Linien betont ist.

Oft führt auch ein Weg durch Wiesen oder Blumenfelder zu weiter Hügellandschaft, aus der sich burgenbekrönte Kuppen herausheben. (Abb. 10, 11, 12)

Nach 1910 komponierte Wilhelm Degode im Vordergrund seiner Bilder keine Felsbrocken mehr in öder Umgebung sondern Baumreihen, Buschgruppen oder Ginsterbüsche. Diese unterbrechen oder säumen groß angelegte Blumenwiesen, um den Blick in die weite Hügellandschaft unter bewölktem Himmel freizugeben.

Zunehmend bevorzugte Degode in späteren Jahren die sommerliche, vielfach auch blühende Landschaft in variationsreicher Grünskala, die zu den Farben der Blüten o.a. oft komplementär kontrastiert.

Von der finsteren Farbpalette seiner frühen Werke wandte er sich im Spätwerk zu einer helle, freundlichen Palette, die die Einstellung Degodes spüren lässt, die seine Tochter Marie 1963 so umschrieben hat: »Er wollte die Menschen ... zu der Natur hinführen, wo es noch Harmonie und Beruhigung gab. Und das erreichte er auch mit seinen Bildern ..., dass seine Bilder in dem Beschauer die gleichen Empfindungen von Freude und Friede wachrufen können, die den Maler beglückten in der Einsamkeit von Berg und Wald, beim Anblick des Wassers und der wandernden Wolken.«9)

 

Abb. 9 Nideggen, Öl auf Leinwand, 51 x 66 cm, 1920, Landesmuseum Oldenburg

 

Abb. 10 Frühling in der Eifel, Öl auf Leinwand, 90 x 126 cm, 1912, Haus Beda Bitburg

 

Abb. 11 Mohnblüte bei Gerolstein, Öl auf Leinwand, 70 x 100 cm, 1921

 

Literatur:

Alois Mertes, Verliebt in die Eifel - Vor 50 Jahren starb Wilhelm Degode. In: Eifeljahrbuch 1981. Düren 1980, S. 66 ff.
Katalog »Wilhelm Degode«. Daun 1985

Repros:

Archiv Dr. Mertes / Archiv Joist
Landesmuseum Oldenburg (Abb. 9)
© Anke Degode

Anmerkungen

1) Wilhelm Degode war ein äußerst aktives Mitglied des Düsseldorfer Malkastens und kannte dadurch viele Düsseldorfer Maler, u. a. Fritz von Wille. Mit etlichen traf Degode sich immer wieder im Gasthaus Heck in Gerolstein, doch malte er vor der Natur alleine. Denn Degode war wohl mehr Einzelgänger, obwohl er andererseits ein sehr geselliger Mensch war, wie es sich bei Treffen und Festen des Malkastens oder auch beim Künstlertreffen im Gasthaus Heck zeigte. Von Malerfreundschaften ist oft die Rede, von gemeinsamen Malen aber nur während der Studienzeit. Heinrich Hartung d. Ä. hat Degode zwar für das Malen in der Eifel begeistert und ihn anfangs dorthin begleitet, doch ging Degode anschließend wieder seinen Weg allein.
2) siehe Katalog »Wilhelm Degode«. Daun 1985
3) Dr. Ernst Zippe, praktischer Arzt in Düsseldorf (Kölnerstr. 214), war Förderer von Degode, durch Ankäufe und auch Ausstellungsvermittlung.
4) In welchem Zusammenhang dieser handschriftliche Text entstanden ist, konnte bisher nicht geklärt werden.
5) Allerdings ist Wilhelm Degode damals als Maler der Eifel einer von vielen neben dem dominierenden Fritz von Wille.
6) Es ist zwar nirgendwo erwähnt, doch hat Degode auch in Begleitung von anderen Malern - außer Heinrich Hartung d. Ä. - vor der Natur skizziert. Zeichnungen lassen darauf schließen, das Hans von Volkmann und Wilhelm Degode sich beim Arbeiten vor der Natur getroffen haben, oder sogar - verabredet - gemeinsam gemalt haben. Denn von beiden Malern liegt das gleiche Motiv u. a. »Schönecken« vor, mit gleicher Datierung (24.5.1894).
7) In einem Brief an einen »Herrn Doctor« vom 7. Mai 1929.
8) Ein Skizzenbuch von 1894 ist bei der Ausstellung in Gerlostein (1985) abhanden gekommen, bis heute leider noch nicht »&aufgetauchtlaquo;.
9) Marie Degode, Lebensgeschichte des Malers Wilhelm Degode - nach seinen eigenen Aufzeichnungen zusammengefasst und ergänzt von seiner Tochter. 9-seitiges masch. schriftl. Manuskript, Kaiserwerth im Winter 1963/64.

Abb. 12 Bei Gerolstein, Öl auf Leinwand, 32 x 46 cm, um 1927


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