Biographie

 

Josef Steib wird am 13. Februar 1898 in München geboren. Schon als Kind entwickelt er ein großes Interesse für das Malen und Zeichnen und sein außergewöhnliches Talent wird erkennbar. Trotzdem beginnt er mit 15 Jahren eine kaufmännische Ausbildung, gibt diese jedoch nach einem Jahr auf, um in Düsseldorf bei Professor Herberholtz das Malen und Radieren zu erlernen.

Nachdem er von 1915 bis Kriegsende als Freiwilliger in der Marine gedient hat, geht er nach München und besucht eine private Malschule. Im März 1920 kehrt Josef Steib nach Düsseldorf zurück, wo er wenig später heiratet und eine kaufmännische Stellung annimmt. Diese gibt er jedoch bald wieder auf und wird 1921 freier Schüler der Düsseldorfer Kunstakademie und Mitarbeiter von Professor Herberholtz. Zusätzlich arbeitet er in unermüdlichem Selbststudium an Maltechnik und Farbmischung.

1924 unternimmt er seine erste Künstlerreise nach Italien. Zwei Jahre später führt ihn eine weitere Reise erstmals nach Cochem. Dort schließt er Freundschaft mit dem Hotelier Lambert Fellenz und dem Besitzer der Reichsburg Jakob Louis Ravené, auf dessen Einladung er sich in den folgenden Jahren immer wieder in Cochem und Umgebung aufhält. Nach gescheiterter Ehe, persönlicher Kriese, einer Skandinavien- und einer Mittelmeerreise beschließt er 1934, nach Berlin zu gehen.

1936 lernt er Brunhilde kennen, die er noch im selben Jahr heiratet. Ihre Hochzeitsreise führt sie über Spanien und Portugal nach Madeira, den Kapverdischen Inseln und Nordafrika. Die nächsten Jahre verbringen sie hauptsächlich in Berlin, Bad Frankenhausen/Thüringen und Rennertshofen bei Neuburg an der Donau. Nach einer sehr erfolgreichen Ausstellung 1948 in Cochem, angeregt durch den alten Freund Lambert Fellenz, entschließt sich das Ehepaar Steib, sich ganz in Cochem niederzulassen. Auf einer gemeinsamen Karibikreise von Dezember 1955 bis März 1956 zieht sich Josef Steib einen Infekt zu, von dem er sich auch in Bad Pyrmont nicht völlig erholt. 1957 folgt die Diagnose einer unheilbaren Krebserkrankung. Josef Steib stirbt am 29. September 1957.

Zur Persönlichkeit Josef Steibs

Josef Steib war ein sehr vielschichtiger und widersprüchlicher Mensch, was sich auch in seiner Kunst erkennen lässt. Obwohl er unter Freunden als gesellig erschien, war er eigentlich ein Einzelgänger, ein Autodidakt.

Er lebte und arbeitete exzessiv und war doch ein liebender, treusorgender Ehemann. Er war nachdenklich und sensibel, aber auch ehrlich und selbstkritisch, kämpferisch in Ausübung der künstlerischen Freiheit, im Versuch, seinen Idealen näherzukommen.

Trotz der Missstände der Zeit und immer wieder aufkommender depressiver Gedanken verlor er nie die Hoffnung und glaubte an die Kraft des lebensbejahenden Menschen, das Negative zu besiegen. Josef Steib war sich dieser inneren Zerrissenheit stets bewusst und trotzdem, oder gerade deshalb, gab er seine Suche nach Erkenntnis und Vervollkommnung nie auf, sowohl in menschlicher als auch in künstlerischer Hinsicht.

 

 

Zur Kunst Josef Steibs

Die Vielfalt seiner Persönlichkeit drückt sich auch in den Werken Josef Steibs aus. Er nutzte die schöpferische Kraft und versuchte sich an unterschiedlichsten Möglichkeiten der bildnerischen Darstellung. Dies gilt für Technik und Stil wie auch Motivik.

Die Ölgemälde

Die zahlreichen und sehr verschiedenen Ölbilder Josef Steibs, kleine und große Formate, zeigen sowohl poetisch-realistische als auch freie und expressive Darstellungen. Die Skala der Farbauftragungen reicht von filigran durchgezeichneten Einzelheiten, glatter Malweise und feinen Pinselstrichen über Schichtenmalerei nach dem Vorbild alter Meister bis hin zu pastoser und grob gespachtelter Gestaltung.

Die Farbigkeit der Bilder ist ebenso wechselhaft, entspricht aber dem jeweiligen Bildinhalt und Malstil.

Die Palette reicht von zarten, eher zurückhaltenden Tönen bis zu kräftigen, ausdrucksstarken und oft sehr kontrastreichen Farben.

Die Tusche und Aquarellzeichnungen

Die Tusche- und Aquarellbilder umfassen ein ähnliches Darstellungsspektrum wie die Ölgemälde. Neben reinen Tusche- oder Aquarellzeichnungen steht eine Vielzahl von Kombinationen derselben. Die Federführung ist teils fein und detailliert, teils grob, nur angedeutet. Die Aquarellfarben bilden oft den Hintergrund, werden aber auch ausmalend eingesetzt, meist jedoch nicht exakte Flächen abgrenzend, sondern gemäß den Aquarelleigenschaften übertretend und ineinanderfließend. Farblich gesehen gibt es sowohl Ton-in-Ton- als auch kontraststarke Zeichnungen.

Die Heraldik

Josef Steib malte und radierte zahlreiche Wappen, die sowohl Familien- als auch Stadtchroniken entstammen, meist waren es Auftragsarbeiten.

Er arbeitete mit gewissenhafter Genauigkeit, unter Einbeziehung des Historischen und in einer Art Neokonservatismus. Es zeigt sich nicht nur Tradition, sondern auch Freude an Reform und Weiterbau.

Das Methaphysische

Die metaphysischen Bilder oder »Metamorphosen« malte Josef Steib hauptsächlich für sich selbst. In ihnen konzentriert er Ideen, Träume und Mysterien, verwandelt die Wirklichkeit in höhere Sphären. Hier verarbeitet er seine Weltanschauung, Philosophie und Zukunftsvision, versucht auf ganz eigene Art, die Geheimnisse des Lebens und der Welt zu ergründen. Ob in Öl, Tusche, Aquarell oder als Radierung, ob mehr oder einfarbig, alle Metamorphosen verbildlichen eine Synthese aus Surrealismus und künftiger Realitätserfassung, aus Abstraktem und Realem. Äußerlichkeiten werden zurückgedrängt, es zählt das Innere, das Wesen der Dinge.

Die Symbolik, die in der Kunst Josef Steibs immer wieder zu finden ist, erhält hier eine neue und tragende Bedeutung, besonders in Bezug auf die Farbigkeit. Kein Punkt wird unbedacht gesetzt, jede gewählte Farbe ist Ausdruck eines tieferen, übergeordneten Sinngehaltes. Dieser beruht auf der von Josef Steib angewandten Farbenlehre, basierend auf Goethe und ohne die ein weiterführender Zugang zu den metaphysischen Bildern wohl verschlossen bleibt.

Die Natur

Im Bereich der Natur malte Josef Steib hauptsächlich Landschaften, aber auch Pflanzen und Blüten sowie das Meer. Es zeigt sich die große Liebe und Verbundenheit zur Natur, die Josef Steib sein ganzes Leben lang begleitete. Die Bilder geben die Schönheit der Natur, den Stimmungszauber wieder, vermitteln Ruhe und Harmonie, doch auch Dynamik und Spannung. Viele der Landschaften zeigen die Heimat des Künstlers, die Mosel, Eifel und Umgebung, aber er malte und radierte auch andere Teile Deutschlands, der ganzen Welt, wo immer er sich gerade aufhielt. Die Pflanzen scheinen teils zart und zerbrechlich, teils lebendig und stark, individuell. Auch das Meer zeigt seine verschiedenen Seiten: kraftvoll, stürmisch und bedrohlich, ruhig, weit und frei. Entsprechend der jeweiligen Darstellung und Atmosphäre wechselt auch die Farbigkeit.

Die Reisen

Josef Steib liebte das Reisen, das Entdecken fremder Länder und Kulturen, und er war fasziniert von der Fülle an Neuem, das sich ihm in der Ferne bot. Dies zeigt sich deutlich in den Reisebildern, sie sind expressiv und bunt, voller Licht und Leben. Sie bilden eine Art »Tor zur Welt«, einen Gegenpol zum nüchternen Realismus des Alltagslebens. Josef Steib fängt diese Atmosphäre, hält sie fest. Er zeigt die Variationsbreite fremder Länder und Welten, kontrastreich und ausdrucksstark. Sind die Motive auch ähnlich, so werden die Unterschiede zwischen den Reisebildern und denen der heimatlichen Umgebung doch deutlich erkennbar, in der Malweise und besonders in der Farbigkeit. Ob Ölgemälde, Tusche-Aquarellzeichnungen oder Radierung, sie alle vermitteln Exotik und Fremdheit, Wärme und Lebensfreude, Weite und Freiheit.

Die Architektur

Die Bilder aus dem Bereich der Architektur entstammen sowohl der ländlichen als auch der städtischen Gegend. Sie zeigen Großbauten, Burgen, Gassen und Hütten. Es sind einzelne Gebäude, mehrere oder eine ganze Straßen oder Ortsansicht. Dabei steht jedoch nicht die topographische Korrektheit im Vordergrund, sondern das Verständnis für Struktur und Ausgewogenheit, Zweckhaftigkeit und Schönheit. Josef Steib zeigt eine breite Fülle an Baustilen, zeitlich wie geographisch gesehen. Er zeichnet exakt und doch rhythmisch bewegt, rustikal und filigran. Ähnlich wie bei den Landschaftsbildern wechselt auch hier die Farbigkeit mit dem jeweiligen Bildinhalt. So sind beispielsweise die Mosel- und Eifelbilder etwas kommerzieller in eher realen Farben gehalten, die Architektur der fernen Reiseländer dagegen ist exotisch farbenfroh.

Die Arbeit

Für Josef Steib untrennbar mit dem Bild des Menschen verbunden, war die Arbeitswelt. Frei von Standesunterschieden, ohne »Verfremdungseffekte« gestaltet der Maler und Radierer Szenen des alltäglichen Arbeitslebens, aus Landwirtschaft, Handwerk und Industrie. Er sieht Arbeit als Lebenswert und Kulturwerk, Arbeiter als Träger der Gesellschaft. Viele der Darstellungen sind in ihrer Gestaltung einfach und elementar und wirken doch kraftvoll und aussagestark. Die Frau erhält dabei den gleichen Wert wie der Mann, die gleiche Anerkennung als schaffende und gesellschaftsformende Kraft. Die Industriebilder vermitteln Hochachtung vor der Großleistung der Technik. Sie waren meist Auftragsarbeiten und für Josef Steib eine nicht unbedeutende Ertragsquelle. Viele dieser Zeichnungen sind heute wirtschaftshistorische Dokumente.

Die Religion

Beseelt von einer Art innerer Frömmigkeit, einer Ehrfurcht vor dem Erhabenen war Josef Steib Zeit seines Lebens auf der Suche nach Gott. Er sah die Volksreligion als tiefmenschliches Grundelement und wollte sie nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich verstehen und erleben. Diese persönliche Haltung zeigt dich in den religiösen Bildern, meist Figuren oder Szenen der Bibel. Die Gestaltung ist symbolstark und bewegend, erfüllt von Ergriffenheit und Dramatik, aber auch von Hoffnung, Glaube und Liebe. Neben der christlichen Lehre beschäftigte sich Josef Steib mit der indischen Heilslehre, mit anthroposophischen Gedanken und altägyptischen Elementen. Diese religiöse Universalität und gleichfalls persönliche Suche drücken sich auch in der Malweise aus, es finden sich Gegensätze wie Malerei auf Goldgrund und expressive Darstellungen.

Die Tiere

Die Tierwelt war stets ein wichtiger Bestandteil der Weltanschauung Josef Steibs. Sie verkörperte für ihn die Urkraft der Zeugung, Fortpflanzung und erneuernde Lebenskraft. Er war fasziniert von der Vielgestaltigkeit der Ausdrucksformen und dem Rhythmus der Bewegung. In seinen Tierbildern versuchte er, Sinnbildlichkeit und Naturhaftigkeit miteinander zu verbinden. Er malte Tiere in der freien Natur, wie weidende Schafe oder Rinder, zeigte sie als Hilfe des Menschen und fertigte Studien und Portraits an. Besonders während des zweiten Weltkrieges verbrachte Josef Steib viel Zeit im Berliner Zoo und zeichnete einheimische wie auch exotische Tiere.

Die Menschen

Die Menschen und das Menschenbild waren ebenfalls ein bedeutendes Thema im Leben Josef Steibs. Er malte viele Porträts, einzelne Personen oder Gruppen, Szenen aus dem Alltag, der Arbeit oder Freizeit. Daneben gibt es eigenen Figuren- und Körperstudien. Josef Steib bejahte die Bewußtseinsnatur des Tat- und Geistesmenschen und versuchte, dies in seinen Bildern zu gestalten. Er will nicht nur ein äußeres Abbild, sondern auch die innere Stimmung wiedergeben.

Er zeigt die Zerrissenheit des heutigen Menschen, zeigt die Angst und Schwäche, doch auch die Kraft und Stärke. Er arbeitet wichtige Wesenszüge heraus, verbildlicht die Unterschiedlichkeit der Menschen. Auch Gefühle wie Freundschaft und Liebe werden sichtbar, beispielsweise in den zahlreichen Porträts seiner zweiten Frau Brunhilde. Sich selbst malte, zeichnete und radierte er ebenfalls häufig, besonders in der Zeit vor seinen Geburtstagen. In diesen Selbstbildnissen zeigt sich die Widersprüchlichkeit seines Wesens, seine Leidenschaft für die Arbeit, seine Gedanken zu Leben und Tod.

Die Radierungen

Für das Tiefdruckverfahren der Radierung verwendete Josef Steib Kupfer- oder Messingplatten, die er durch Ätzen oder/und mit Kaltnadel bearbeitete. Die Radierungen sind gekonnt ausgeführt und zeugen von hohem künstlerischen Niveau. Schon in Schwarzweiß erreichen sie eine ungewöhnlich plastische Ausdruckskraft, die durch die dem Künstler eigene Art der Farbunterlegung noch intensiviert wird. Hierfür benutzte Josef Steib meist Platten mit je einer Grundfarbe und eine Schwarzplatte. Die so gedruckten Radierungen wirken fast wie Aquarelle. Die Farben sind kraftvoll, großflächig und starktonig oder auch hingetupft locker mit abgestuften Übergängen. Jedes Blatt ist einzig, erhält Eigenwert-Charakter. Andere Arten der Radierung wie z. B. Aquatinta oder Mezzotinto wendet Josef Steib nur selten an. Aber immer gilt: der Bildgehalt bestimmt die Technik. Wie schon erwähnt umspannt auch die Motivik der Kunst Josef Steibs ein weites Feld. Es gibt kaum etwas, das der Künstler nicht irgendwann einmal umgesetzt und verarbeitet hat.

 


Quelle: Galerie Steib, Cochem

 

Urheberrechte und Danksagung

Das künstlerische Werk Josef Steibs ist urheberrechtlich geschützt. Die Rechte im visuellen Bereich werden von der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst im Auftrag der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur wahrgenommen. Die Verwendung des geschützten Bild- und Schriftmaterials, auch in Auszügen, bedarf daher einer Genehmigung der Urheber. Im Rahmen des Kulturportals »www.Eifel-und-Kunst.de« geschieht die Veröffentlichung mit ausdrücklicher Genehmigung der Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur. Mein Dank gilt den Herren Rudolf Mattar und Herbert Budweg sowie dem ungenannten Mitgliedern des Stiftungsbeirates für die freundliche Unterstützung.