Heinrich Alken

 

Selbstporträt in Öl, 1780

 

Heinrich Alken (* 17. Februar 1753 in Mayen; † 18. Oktober 1827 in Mayen) war ein Bildhauer und Maler. In vielen Kirchen, u. a. in der Mayener St. Clemenskirche, und im Eifeler Landschaftsmuseum in der Genovevaburg in Mayen sind seine Arbeiten noch heute zu sehen.

 

Ansicht von Mayen, 1779
Aquarellierte Federzeichnung

 

Ansicht von Mayen, 1780
Aquarellierte Federzeichnung
Original im Krieg zerstört

 

Der Bildhauer Heinrich Alken

Dr. Friedrich Born (1925)

(...)

Der Wanderer, der von einer umgebauten Randhöhen hinunterschaut auf das zu seinen Füßen liegende Mayen wird erstaunt sein über das hübsche Bild mit den alten Türmen, Mauerresten, dem schiefen Turm der St. Clemens Kirche und der alles überragenden sagenumwobenden Genovevaburg. Und wenn er dann durch eines der alten Tore in die innere Stadt tritt, Straßen, alte Häuser, Marktplatz, Stadtbefestigung und Burganlagen aus der Nähe überschaut, so wird er bald erkennen, dass er sich in einer Stadt befindet, deren Geschichte tief in das frühe Mittelalter hineinreicht. Wollte nun unser Freund angeregt durch das Stadtbild, Umschau halten nach einzelnen Werken der Malerei und Bildhauerei, so wird er nicht viel finden und schon bald enttäuscht alles Suchen und Nachfragen einstellen. Zwar birgt das historische Museum, das jetzige Eifelvereinsmuseum auf der Genovevaburg in Mayen, welches als ein wahres Schätzkästlein von wohlgeordnet, Funden besonders der vorgeschichtlichen Zeit gelten kann, auch einige tüchtige Werke der Holz- und Steinplastik aus Mayen oder dessen nächster Umgebung. Aber diese wenigen Stücke sind doch sicherlich nur ein geringer Bruchteil dessen, was im Laufe der Jahrhunderte in Mayen oder für Mayen geschaffen worden ist und besonders in den Kirchen Aufstellung gefunden hat.Es ist hier nicht der Ort zu untersuchen, auf welche Weise so manche Kunstwerke verloren gegangen sind. Es soll nur festgestellt werden, und wir können Beweis dafür erbringen, dass die Mayener nicht so ganz ohne Kunst durchs Leben geschritten sind, wie unser Wanderer es anzunehmen geneigt war.

Wer vor einigen Jahren, vor der Instandsetzung die alte gotische St. Clemens Kirche betrat, der fand im Innern eine wenig anheimelnde, grau in grau gestrichene Hallenkirche, ohne Malereien und sonstigen Schmuck, leer von allen Bildwerken früherer Jahrhunderte. Nur vier Lebensgroße Heiligenfiguren, dem 18 Jahrhundert angeförmd, zu je zweien im Innern der Kirche über den Seitengängen aufgestellt, fesselten das Auge des Kunstfreundes. Jedoch vermochte niemand auf Grund von schriftlichen Quellen den Namen des Künstlers anzugeben ober die genaue Zeit der Entstehung dieser 4 Figuren anzugeben. Die mündliche Familientradition schrieb die Bildwerke einem gewissen Alken zu; keiner aber konnte über dieses Mannes Leben und Schaffen etwas genaues berichten.(vergl. die Geschichte von Mayen von Hilger und Brink, Mayen 1910, wo S. 307 Alken als Bildhauer erwähnt wird.) Die Liebe zur Altertumskunde nur sowie die verwandschaftliche Beziehung zur Familie Alken ließen den Konservator der Sammlungen des Eifelvereinsmuseum Peter Hörter nicht ruhen. Dieser gab die rechte Anregung, dem Bildhauer Alken sowie seinem Bruder, dem Baumeister Michael Alken, nachzugehen, und es gelang ihm auch manche Brief, Urkunden, Zeichnungen, die sich im Privatbesitz Mayener Familien befanden aufzuspüren und mir zuzuführen. Außerdem lieferten eine Reihe von Archiven, so die Pfarrarchive in Mayen, Monreal, Ettringen, Eich, Düngenheim und besonders in St. Johann ferner das Staatsarchiv in Koblenz untergebrachte Archiv (die Sterberegiester dieser Zeit befinden sich im Rathause zu Mayen) der Stadt Mayen viel urkundliches Material. (Allen denen die meine Arbeit unterstützten, besonders Herrn Konzervator Peter Hörter sowie seinem Sohne Fridolin Hörter, die die meisten Photografien herstellten, sei der herzliche Dank ausgesprochen).

Der Vergolder Jakob Alken.

Nach der Familiengeschichte (Den Stoff zu den folgenden biographischen Mitteilungen lieferte außer den schon erwähnten Archivalien besonders eine vom dem Bildhauer Heinrich Alken (1753 - 1827) im späten Alter geschriebene Familiengeschichte, betitelt: »Die Geschichte meiner Familie und meiner Eltern und Kinder, Heinrich Alken.« Sie wird als F.G. angeführt. Das Buch entstammt dem Besitze der Gattin des Generalarztes a.D. Dr. Herchold in Hannover, einer geborenen Alken, welche es dem Mayener Geschichts- und Altertumsverein schenkte.) stammte der Großvater unseres Bildhauers, der Ackersmann Johannes Alken, aus Kettig bei Koblenz wo er um 1684 lebte. Später zog er nach Niedermendig und blieb dort bis zu seinem Tode, der ihn schon in seinem 40. Lebensjahr ereilte. Einer seiner Söhne war Jakob Alken, der Vater unseres Bildhauers. Dieser Jakob Alken, geboren (F.G. S. 7 und Kirchenbuch Niedermendig) 1722 in Niedermendig, dessen an Entbehrungen und Kämpfen reiches Leben später von seinem ältesten Sohne Heinrich, dem Bildhauer, in der Familiengeschichte beschrieben (F.G. S. 7ff) wurde, war anfänglich Weißbinder (Nach einer freundl. Mitteilung des Archives Weidenbach in Andenach wird Jakob Alken im Andernacher Standesregiesters einmal als Weißbinder und ein andermal als Maler bezeichnet). In Mayen und auch Anderorts, obwohl er »weder gehörig zünftig gelernt noch artikelmäßig auf sein Handwerk hatte wandern können« auf Befehl der kurfürstlichen Regierung (diese wie die anderen angeführten Stellen sind der Familiengeschichte H. Alkens entnommen) 1751 oder 52 in die Hämmerzunft (vergl. Brink und Hilger, Gesch. v. Mayen S. 191) aufgenommen. Später verlegte er sich, weil Not ihn zwang aufs Bildermalen und Vergolden. So malte er Kirchenfahnen, vergoldete Altäre, u.a. 1760 zu Alflen drei Altäre (zwischen Ulmen und Cochem gelegen), ferner 1763 einen Altar zu Niederbreisig am Rhein und zu Ulmen in der Eifel bei vielen dieser Arbeiten half ihm seine äußerst energische und geschickte Frau, eine geborene Niederehe aus Mayen, die als Geselle öfters mitreiste. »Wenn sie nicht ein gar zu kleines Kind hatte, so nahm sie selbigs in ihre Schürze, reißte mit meinem Vater fünf bis sechs Stunden wiet auf zwey bis vier Monath in eine Arbeit, und es wurde da manchesmal ein ehrliches Stück Geld verdienet«. Aber Trotz allen Fleißes war ihm das Glück nicht hold. Nachdem er mit seiner Frau 1765/66 13 Monate an dem Hochaltar und im Chore der Kirche zu Mayschloss an der Ahr gearbeitet hatte, geriet er mit dem dortigen Pfarrer wegen des vereinbarten Lohnes in einen Prozeß der, wie sein Sohn Heinrich uns erzählt, am chistlichen Gericht in Köln hängen blieb. »Mein Vater reiste oft dorthin, meine Mutter reiste nach meines Vaters Tode etliche mal dahin, allein 150 Thaler mit 60 verreisten Tagen blieben aus.« Inzwischen waren die beiden ältesten Söhne, Heinrich und Josepf, so weit herangewachsen, dass sie dem Vater zur Seite stehen dürften und die Mutter zu Hause bei ihren kleinen Kinder bleiben konnte. So arbeitete der älteste Sohn Heinrich der später Bildhauer wurde, 1766 mit dem Vater an dem Altar zu Bermel (bei Monreal an der Elz) 1768 in Wahnrath (Wanderath bei Virneburg in der Eifel) und Nürburg und half 1769 die Apotheke zu Mayen und in Cochem »eluminieren«, das heißt ausmalen. Schon glaubte die Famllie infolge der vielen Aufträge der bitteren Not entrückt zu sein, da setzte 1770 eine allgemeine Teuerung ein, so dass das Malter Korn (280 Pfund Roggen o. 300 Pfund Weizen) mit Kosten an 18 Thaler kam. »Die Teuerung hielt bis 1773 an. Infolgedessen blieben die Bestellung aus, und da der Vater 1770 ein neues Haus (Nr. 11) in Mayen gekauft hatte, auf welchem eine Schuldsumme stehen blieb, so begann das Elend von neuem. Als 1774 dann die Teuerung nachließ, erhielt Meister Jakob andere Aufträge, bei denen nun auch sein zweiter Sohn, Josef, der spätere Vergolder und angesehene Andernacher Bürger, half. Dieser ging 1774 mit dem Vater nach dem Arnulfsberge bei Hillesheim in der Eifel um den Hochaltar der Kirche zu bemalen Da wurde der Vater, der schon über den Weg dorthin einige Melankolie gezeigt hatte von einer hitzigen Krankbeit ergriffen und starb nach wenigen Tagen im 52. Lebensjahr auf dem Pfarrhof zu Walsdorf, wohin man ihn gebracht hatte. Er liegt auf dem Friedhof des St. Arnolfsberges, des heutigen Arnulfus- oder Arnusberges begraben. (Vgl. Eifelführer des Eifelvereins S. 136, wo uns gesagt wird, dass der Arnulfusberg noch um die Mitte des 18. Jahrhunderts als Begräbnisstätte gedient habe.) »So hörten seine Trübsalen hoffentlich auf« schrieb später der Bildhauer Heinrich Alken in der Familiengeschichte von seinem Vater, den er mit wenigen Worten als einen rührigen von heißem Wissensdrange erfüllten lebenslustigen Mann zeichnet. Armut und Not mit denen der zeitlebens zu kämpfen hatte, hatten leider seine Wünsche ein tüchtiger Künstler zu werden und als ein »honetter Mann« aufzutreten nicht in Erfüllung gehen lassen. Sein Tod muß die Familie hart getroffen haben, da die meisten Kinder (hierzu bemerkte H. Alken in seiner Familiengeschichte: »Also aus den in 21 Jahren 13 glücklich und ohne Fehler zur Welt geborenen, wovon noch sechs lebendig sind. Nun denke einer was es kostet und was es sonst für Umstände gegeben hat.«) noch unversorgt waren das jüngste Schwesterchen erst 2 Monate nach des Vaters Tod geboren wurde. Aber die Mutter war eine tüchtige tapfere Frau, die nicht verzagte, sondern so gut es ging, sich durchhalf und mit ihrer Hände Arbeit, in diesem Falle mit der Nähnadel, den ihrigen den nötigen Unterhalt verdiente. Als sie nach vierundzwanzigjährigem Wittuma 1799 zu Ehrenbreitstein starb, da schrieb in Mayen ihr ältester Sohn, der Bildhauer Heinrich Alken, in sein Familienbüchlein, in das er die wichtigsten Geburts- und Sterbefälle einzutragen pflegte über die Mutter. »Sie war ein Frau von gutem Verstand und von großer Rechtschaffenheit.« (»Das Heinrich Alken Schreibbüchel« befindet sich im Besitz der Geschwister Kraemer in Mayen.)

Heinrich Alkens leben

Als der Vater starb, stand der älteste Sohn Heinrich, der 1753 in Mayen geboren war, im 21. Lebensjahr. Er hatte keine frohe Jugendzeit durchlebt. Die Armut und Not im elterlichen Hause waren vor allem Schuld daran, dass der gewandte Knabe, der schon mit dem fünften Lebensjahre »Hang zum Zeichnen und Lernen« (F.G. S. 63) hatte eine seinem Talent entsprechende Ausbildung nicht erhielt. Der Vater wird ihm die ersten Unterweisungen im Weißbinderhandwerk erteilt haben, und als dann die Mutter, die einer zeitlang dem Vater als Geselle zur Seite gestanden, ungern der vielen Kinder zu Hause bleiben mußte, halft Heinrich bis ins 14. Jahr anstreichen. Zwischendurch versuchte sein reger Geist auch andere Dinge zu erlernen, so das Orgelspiel worin ihn der Organist von Rech bei Mayschoss, als sich der Vater dort aufhielt, unterrichte. (F.G. S. 65) Aber viel wurde nicht daraus, weil Heinrich immer wieder zu handartlichen Arbeiten heran gezogen wurde, »Ich hatte Anfang an alles Lust zu erlernen; aber meines Vaters Armut gab keinen Nachtruck, und es war nicht möglich das Studium in einem und anderem mit erforderlichem Eifer fortzusetzen.« Nach dem 14. Jahr lernte er vom Vater die Technik des Vergoldens, er arbeitete 1768 mit in der Pfarrkirche zu Wahrath (Wanderath) und Nürburg und half 1769 die Apotheke zu Mayen »eluminieren«. Da sich die Aussicht, in Mayen als Organist angestellt zu werden - Heinrich Alken hatte dieserhalb 6 Wochen bei einem Koblenzer Organisten gelernt - zerschlagen hatte, verlegte er sich jetzt mit Nachdruck aufs Vergolden, arbeitete mit dem Vater an dem Altare Borler bei Hillesheim in der Eifel und vergoldete bald darauf allein 2 Bildgehäuse in der Pfarrkirche zu Luttersdorf.

Nachdem der Vater mit seinen beiden Söhnen Heinrich und Josepf 1770 den Hochaltar in der Kirche zu Retterath in der Eifel vergoldete, fing Heinrich an in »Leimfarbe die Zierrathen« zu Malen und gab sich in den folgenden Jahren aus Langeweile, da es an Arbeit fehlte, an das »Figurenmahlen in Oehlfarb«. Außer dem Vater, der ihm keinen gründlichen Unterricht erteilen konnte, hatte er keinen Lehrer, aber sein angeborenes Talent, die Freude an seinen Machwerken sowie sein Fleiß schienen ihn schnell vorangebracht zu haben. Leider sind nur wenige Zeichnungen und Malerarbeiten aus dieser Zeit auf uns gekommen. Dass seine Bilder aber gefielen, geht zurächst aus der Kirchenrechnung vom 1774 St. Johann bei Mayen hervor, die erzählt, daß Meister Alken zu Mayen für 2 Antependien, (eine in einen Rahmen gespannte bemalte Leinwand, die, auf den Altartisch gestellt, den Altaraufsatz verdecken sollte.) ein schwarzes und ein farbiges, 6 Rthlr. ausbezahlt worden seien. Ungefähr die gleiche Summe von 6 Rthl. und 24 Alb. erhielt er, wie er in der St. Johanner Kirchenrechnung von 1779 wörtlich heißt: »Für das Bildt in die Fahn, den Fahnen, stecken und selbigen anzustreichen und zu beschlagen.« und ebenso hat er 1781 für die Stadt Mayen eine Fahne gemalt. Die Bürgermeistereirechnung (Stadt-Mayener-Bürgermeistereei-Rechnung 1781 im Stadtarchiv Koblenz) des Jahres 1781 berichtet hierüber: »Dem Heinrich Alken für mahlung eines doppelten Fahnenbildes nemlich St.Clemens und Vitus in die Stadtfahn 3 rthlr. 18 alb.« Auf uns gekommen sind ferner die 2 Zeichnungen des Mayener Stadtbildes. Die eine vom Jahre 1779 deren Orginal im Mayener Rathaus hängt Diese Zeichnung erscheint uns in der Gesamtkomposition recht gefällig. Das Häusergewirr im Innern der Stadt ist trotz der vielen Einzelheiten so leicht und übersichtlich hingesetzt, daß wir uns der Jugendarbeit des sechsundzwanzigjährigen nur erfreuen können. Die andere, ein Aquarell. (Das Bild, 37:35 cm groß, im Besitze des Sattlermeisters Krümmel in Mayen, hat eine eigene Geschichte. Als es vor längeren Jahren vom jetzigen Besitzer im Bauschutte des Hauses, das einem Nachkommen Alkens gehörte, aufgefunden wurde, hatte es so gelitten, dass der obere Teil mit dem bläulichen Himmel dem Stadtwappen und einer über dem Bilde stehende Jahreszahl neu ersetzt werden musste. Die vom Besitzer neu aufgeschriebene Jahreszahl kann aber nicht stimmen 1740; denn auf dem Bilde ist die erst 1757 gebaute Hospitalkapelle eingezeichnet, dagegen ist der 1785 neu errichtete vordere Teil der St. Veitkapelle, der heute noch vorhanden ist, nocht nicht zu sehen. Das Bild, das in vielen Stücken der oben erwähnten Zeichnung von 1779 gleicht, wird in der gleichen Zeit entstanden sein. Unter rechts in der Ecke sind die 4 letzten Buchstaben des Alken‘schen Namens noch zu entziffern.) befindet sich im Privatbesitze in Mayen; eine Nachbildung hängt im Eifelvereinsmuseum in Mayen. Da Heinrich nach dem Tode des Vaters zusamen mit der Mutter die Sorge für die z.Z. noch unmündigen Kinder tragen musste, konnte sein längst gehegter Wunsch, in die Fremde zu gehen und sich weiter auszubilden, nicht erfüllt werden. »Ich blieb und versäumte das Reisen, wie oft es micht seit hero gereuet, weiß ich, allein ich hab aus Aeltern und Geschwistern lieb das Weltreisen unterlaßen.« Wir können daher der Mutter Betrübnis verstehen, als er 1777 die gleichaltrige »Maria Gerdruht Nevinger« des kurfürstlichen Revierjägers Karl Nevinger Töchterlein heiratete. Heinrich übertrug nun die Sorgen für die Mutter dem jüngerer Bruder Joseph mit dem zusammen er 1775 die Kirche zu Alflen (zwischen Ulmen und Cochem) in der Eifel ausgemalt und die Orgel dort selbst vergoldet hatte. Ein paar Jahre nach der Verheiratung hat Heinrich sich und seine Frau porträtiert.

 

Maria Gertruda Newinger, 1780, Öl

 

Die beiden in Oeltechnik gemalten Bilder befinden sich in Köln im Besitze der Frau Wwe Schülter, einer seiner Nachfahren und stellen ihn uns seine junge Frau in ihrem 27. Lebensjahre dar. Auf der Rückzeite sind beide Bilder von seiner Hand gezeichnet: (Beide Bilder ohne Rahmen 35:30 cm groß, sind auf Leinwand gemalt. Das Bild Heinrich ist auf der Rückseite gezeichnet: Heinrich Alken den 17. Hornung 1780 pincit. Das Porträt der Prau ist auf der Rückseite gezeichnet: Maria Gertrudta Alken 1780 geb. 1757. H. Alken fli.) und als sein und seiner Frau Bildnis von ihm besonders vermerkt. Wenn wir bedenken, daß Heinrich in erster Linie Bildhauer und kein Maler war und sein wollte und dass er nach seinen eigenen Angaben keinen regelrechten Malunterricht genossen hat, so müssen wir die geschickte Technik und Zeichnung anerkennen. Farbige Qualitäten weisen die Bilder nicht auf. Besitzen sie somit auch keinen hohen künstlerischen Wert, so erzählen sie doch mancherlei von den beiden dargestellten Persönlichkeiten. Auf dem Bilde lernen wir in Heinrich Alken einen jungen Mann kennen mit intelligenten, etwas weichen Gesichtszügen, einer breiten Stirn und darunter ein paar Augen, die den Beschauer gutmütig und ein wenig verträumt anschauen. Der wohlgeformte Kopf wird auf beiden Seiten von gewelltem Haar umrahmt, so dass man selbst wenn es der von der Rechten gehaltenen Zeichenstift nicht verriet, unwillkürlich an einen Jünger der bildenden Kunst erinnert wird.

Grobere Züge weist das Porträt der Gattin auf, die in häuslicher Tracht mit Haube und geblümten Kleide dargestellt ist und mit verschränkten Armen in etwas steifer, eckiger Haltung als tätige und besorgte Hausfrau erscheint. Tätig und besorgt wird sie schon gewesen sein müssen; denn die 9 Kinder die sich im Laufe der Jahre einstellten - 2 davon starben früh - machten den Eltern ums größere Sorge als bei der künsterlischen Tätigkeit Heinrichs das Einkommen meist unsicher und schwankend blieb. Trotz mancher Entbehrungen haben die beiden Ehegatten treu einander zur Seite gestanden. Bei der weichen und den härten des Lebens gewachsenen Natur Heinrich Alkens der ein Idealist war, wurde die energische und praktische und kluge Hausfrau ihm und Kindern mit der Zeit unentbehrlich.

Schon in den lezten Jahren vor dem Tode des Vaters hatte H. Alken den das Malen und Zeichnen allein nicht befriedigte, vor allem, weil es zu wenig einbrachte, sich mit den Bildhauerarbeiten beschäftigt. »Da wir dann und wann ein Bild von dem einen und anderen Bildhauer in den Kirchen zu vergolden bekamen, so machte es sich, dass bald hier und bald dort etwas von der Bildhauerarbeit zu ergänzen war; so lernte ich dann ein Bild flicken, Bald ein Hand, eine Kron oder sonst was, ich bekahm Lust zu der Bildhauerei (F.G. S. 71). Dem Vater war dieser neue Kunsttrieb des Sohnes nicht recht, weil er befürchtete, dass der Sohn zu vielerlei lernen und schließlich nichte recht verstehe. Wozu die tausend Künstlerei«, sagte er. Heinrich vermochte seinen »Hang zur Bildhauerei jedoch nicht zu bändigen.« Anfangs versuchte er Figuren aus weichem Stein zu schneiden, dann aber schnitzte oder »bastelte« er etwas in Holz, welches Material er auf die Dauer bevorzugte. Als er einmal Freude an der neuen Kunstübung bekam, zumal da er Fortschritte sah, ließ er sie nicht mehr liegen. »Was die Bildhauerei mich für Mühe und Studium kostete, war nicht gering, allein meine Wissbegierd versüßte mir das harte Studium.«

Nach des Vaters Tod scheint er sich fast ganz der Bildhauerei gewidmet zu haben. Aber da die Aufträge unregelmäßig einliefen, so mußte er zunächst, das heißt in den ersten Jahren nach der Verheiratung, nebenher malen und sein Weißbinderhandwerk treiben. So erhielt er in der Abtei Maria Laach den Auftrag »Weißbender mahlerisch« auszuführen für täglich 18 Alb. und die Kost. Bezeichnend für Alkens Charakter und Streben ist, daß er trotz geringen Bezahlungen den Laacher Aufenthalt deshalb für ersprießlich hielt, weil ihm der Verkehr mit »Honetten Leuten« gefehlt hatte und er durch den Umgang mit den Herrn zu Tag manche Gelegenheit erhielt, ein wenig geschliffener zuwerden. (F.G. S. 82). Dieser Aufenthalt, der »nur Sommers dauerte und zwar nur 8 - 10 Wochen«, nutzte ihm auch insofern, als man ihn wegen seiner Tüchtigkeit weiter empfahl, so daß er bald darauf »einen Tabernakul« zu Bachholzweiler (gemeint ist wohl Buchholzt ehemalige Propsteig bei Burgbrohl) vergolden und auch dem Rulandwerth (Die Insel Rolandswerth, früher Nonnenwerth bei Rolandseck) mehrer Arbeiten auszuführen bekam. Diese Malereien aber scheint er immer mehr als Nebenarbeiten betrachtet zu haben, weil er Bildhauer sein wollte. In den letzten Jahren des 7. Jahrzentes hatte er sich in dieser Bildhauerei so weit gefördert, daß er gröbere Aufträge übernehmen und ausführen konnte. So schnitze er für Boos in der Eifel in die Kapelle 2 Seitenaltäre, lieferte drei Altäre nach Haydenburg und half nebenbei dem Schreiner Hilger zu Thür in Zierrathen an Kirchenarbeit.

Als Alken 1781 in Ehrenbreitstein bei seiner Schwester Margaretha zu Besuch weilte, lernte er einige Bildhauer des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus kennen und wurde bald darauf zu wichtigen Arbeiten mit herangezogen. Es handelte sich um den Bau einer überaus prächtigen kurfürstlichen Leibjacht (Zur Geschichte dieser Leibjacht vgl. den Aufsatz von I. Iai. Wagner in den Rheinischen Heimatblättern 1924 Heft 2 S. 39), welche wahrscheinlich von Joh. Leiz entworfen worden war. Der Bau wurde erst 1791 also zwei Jahre nach des Baumeister Leiz Tode, vollendet. Für dieses kostbare Staatsechiff, das 40.000 Gulden zu bauen kostet haben soll, ließ der Kurfürst Clemens Wenzeslaus dann in Ehrenbreitstein eine eigene gedeckte Halle bauen. Am Bau selbst, besonders an der Ausschmückung des Schiffes, waren viele Handwerker und Künstler in Ehrenbreitstein beteiligt, unter ihnen der Koblenzer Holzbildhauer Stadtmayer (vgl. über ihn Karl Lohmeyer, Barock Kkunst und Künstler in Ehrenbreitstein 1919 S. 35/36) Auf solche Bildhauerarbeiten beziehen sich Alkens Angaben in seiner Familiengeschichte. (F.G. S.84 ff): »Entlich entstund der neue Jagdbau eines Schiffes bei trierischen Hoff zu Coblenz, welches sehr pressierte, ich kam da in Arbeit 1781.« Natürlich ist es ihm, der keine gründliche und planmäßige Ausbildung als Bildhauer aufzuvieisen hatte, damals nicht leicht geworden die übertragenen Arbeiten richtig anzufassen und fertigzustellen, »zumal weilen daselbst sich geübte und gereiste Bildhauer befanden.«

 

Kurfürstliche Jacht von Clemens Wenzeslaus
Landeshauptarchiv Koblenz

 

Auch verlangte der aufkommende Klassizimus mancherlei Neues vom Bildhauer, so war allein die Ausführung der »Antik Zierraten,« von denen unser Alken »als ein Mann vom Lande« noch nicht viel wußte. Trotz alle dem mußte er seine Arbeiten zur Zufriedenheit des Meisters vollendet haben, so dass es nach seinen eigenen Worten »mit Ehren, da weg kam und in 8 Wochen nebst der Beköstigung dann noch 60 Gulden nach Haus brachte«. Mit diesem Aufenthalt am Kurfürstlichen Hofe hatte Alken seine Ruf als Bildhauer in der Heimat geführt, und als er nach Mayen zurückkehrte, blieben die aufträge nicht aus. (Ob er später noch öfters in Koblenz gewesen ist oder anderswo sich Anregung für seine Kunst geholt hat, wissen wir nicht. Die von ihm verfaßten Familiengeschichte gibt uns über seine künstlerische Entwicklung und Tätigkeit als Bildhauer leider nur ganz unvollständige und dürftige Angaben, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass er diese Familiengeschichte in seinen späteren Lebensjahren schrieb also zu einer Zeit, als die Bildhauerei längst hinter ihm lag und er als angestellter Lehrer allen Künstlersorgen enthoben war.) In den folgenden Jahren, also etwa bis 1788 hatte unser Bildhauer so viel zu tun, (alle Bildhauerarbeiten Alkens, soweit sie heute noch vorhanden sind, werden in folgenden Abschnitten eingehend behandelt.) dass ihm, zumal da seine Frau eine »sehr sparsame Haushälterin war«, ein gewisser Wohlstand erblühte und er schon 1782 das Haus seiner Schwiegereltern kaufen konnte.

Diese ruhigen Jahre dauerten jedoch nicht all zulange, Alken lebte, ohne es vielleicht selbst klar zu erkennen, in einer Zeit großer geistiger Umwälzungen und Erregungen. Die neuen aufklärerischen Ideen des 18. Jahrhunderts, welche auf allen Lebensgebieten, den staatlichen, gesellsschaftlichen und religiösen mit den alten überkommenen Einrichtungen und Anschauungen zu brechen aufgeforderten waren von Frankreich her auch nach Deutschland, zunächst in unsere westlichen Provinzen, gedrungen. Vor allem richteten sich die Angriffeder Aufklärer - es sei nur an Voltaires gern gelesene satirische und haßerfüllte Schriften erinriert - gegen den bestehenden Kirchenglauben sowie gegen die kirchlichen Einrichtungen und Gebräuche. Wie es scheint hatte man auch im stillen Mayen damals von den neuen geistigen Strömungen etwas gehört und da Alken befürchtete, daß bald infolge der »hervorkommenden Aufklärung« die Kirchenverzierungen in Bildern in Abgang kämen und er dann ganz ohne Verdienst dastände, verlegte sich unser Bildhauer, dessen beweglicher Geist stets gern etwas Neues ergriff auf die Feldmessern (Gute Dienste für die Vorbereitung auf diesen Beruf mag ihm das aus seinem Besitze stammende und mit seinem Namen versehene Buch geleistet haben: Erster Unterricht in den mathematischen Wissenschaften zum Gebrauch der Kurtrierischen Gymnasien. Koblenz 1776). Da er aber »diese wie alle andern Wissenschaften ohne Lehrmeister lernen müßte«, - die Instrumente hatte er aus Gründen der Sparsamkeit sich selbet angefertigt - so opferte er dem neuen Studium viel Zeit und Kraft. Am meisten litt natürlich seine Kunst, die Bildhauerei; um die er sich zunächst nicht bekümmern konnte und in die er sich nach seinen eigenen Worten »schädliche Riße« tat. Nachdem er dann in Koblenz bei der Kurfürstlichen Regierung seine Prüfung als Legalisierter Feldmesser (F.G. S. 89) bestanden hatte vermaß er 1786 oder 87 den Platz (Stadt Mayener Bürgermeisterei-Rechnung 1787, wo unter dem Ausgabegeld wegen dem neuerbauten Städtischen Schulhaus dem Landmaßen Alken für die Abmeßung 3 rthlr. gezahlt worden sind. Kobl. Staatsarchiv) für das neue Schulhaus am Kirchplatz, 1787/88 den Mayener Wald (vgl. F.G. S. 89/90 u. Stadt Mayener-Bürgermeisterei Rechnung (Koblenzer Staatsarchiv) 187/88, wonach er im ganzen 87 rthlr. für diese Vermessungen bekommen hat) 1790 den NicknisscherWald, (F.G. S. 90) 1791 den Stadtgraben (Bürgerm. Rechnung Mayen 1781 er erhielt 2 rthlr. 18 alb.) vor obergfort in Mayen, machte im gleichen Jahre den (Beleg zur Stadtrechnung Mayen 1791 wonach er 2 rthlr. 12 alb. erhielt Abriß eines neu zu erbauenden Spritzenhaus und vermaß schlieblich 1793 (F.G. S. 90.) den Cochemer Gemeindewald und einige Privatwaldungen zu Laubach.

Inzwischen war in Frankreich die große Revolution (1789) ausgebrochen, welche zunächst unseren westlichen Nachbarn, den Franzosen, die größten Umwälzungen und Wirren brachte, dann aber auch große Teile unseres deutschen Vaterlandes auf Jahre hinaus in den Strudel jener Bewegung und in langwierigen Kriegen mit hineinzog. Schon kurz nach dem Ausbruche der Revolution waren viele französische Flüchtlinge, die sog. Emigranten nach Deutschland, besonders in die linksrheinischen Gebiete geflohen. Nach Alkens Mitteilungen (F.G. S. 132) hatte Mayen 1791 etwa 600-700 flüchtige Franzosen, die sehr üppig lebten, dreiviertel Jahre beherbergt. Seit der Hinrichtung Ludwig XVI. durch die Revolutionmänner des Jahres 1793 ging die französische Regierung immer mehr darauf aus, die revolutionären Ideen nach dem Osten, also auch nach Deutschland, zu tragen. Es kam darüber zum Kriege zwischen Frankreich einerseits und den Koaliierten europäischen Mächten, zunächst Österreich und Preußen, anderseits. In diesem Kriege unterliegen die verbündeten Armeen den fränzösischen Truppen, die von jungen unternehmenden Generalen, später dem großen Napoleon Bonaparte, geführt wurden. Die fränzösischen Heere zogen zum Rhein, besetzten das linke Ufer und erklärten den Rheinstrom als Grenze Frankreichs. Im Oktober 1794 rückten die Franzosen in Mayen ein und blieben zunächst 11 Monate hier. (F.G. S. 134) »Man mußte ihnen alles geben, Frucht, Schlachtvieh, Pferde, sogar Hemden und Schuh; sie nahmen zwar nichts, man mußte es ihnen gutwillig bringen, und was sie kauften, kauften sie für Papiergeld oder Aksignaten, welches sie unter Todesstraf befahlen zu lösen, was sie jedoch nachgehend selbst verriefen.« In diesem und den folgenden Jahren hatte die Stadt unter den Truppendurchzügen und Einquartierungen viel zu leiden. Unseren Alken aber brachte die Kriegszeit, die sich über eine Reihe von Jahren erstreckte noch besonderes Leid. Die Aufträge, die ihm früher in erster Linie von den Pfarreien aus zugeflossen waren, hörten plötzlich auf. Interarma tilent musea, der Krieg verscheucht die Museen, die Freunde der schönen Künste. Zudem richtete in den besetzten Gebieten die Departimentsregierung, die allem Kirchenwesen wenig hold gesinnt war, ihre Hauptaufmerksamkeit auf praktische Dinge, den Bau von Straßen, die Verbesserung der Gesundheits- und Rechtspflege, der Viehzucht und des Ackerbaues sowie auf die Aushebung von Truppen, Wir, die wir heute in einer Zeit leben, welche der damaligen mit ihren Nöten und Demütigungen in so vielen Stücken gleicht, können die Sorgen unseres Bildhauers nachfühlen, der sich plötzlich aller Aufträge beraubt und mit seiner großen Familie der bitteren Not preisgegeben sah, (F.G.S.90). »So hörte alle meine Hoffnung zum ferneren Verdienst in aller meiner Wissenschaft gänzlich auf. Keine Arbeit, kein Geld und ein Haus voller Kinder, meine mehrerste Leit mit Studium verdäntelt. Nun saß ich da, die Völker kamen 1794 ins Land gestürmt. Einquartierung gabs, welchen man alle Kost geben mußte. Und weilen die Franken das Relionssistum und Bilder vernichteten, so waren auch keine Hoffnung mehr, dass ich mein Lebtage meine sehr sauer errungenen Bildhauerarbeit je wieder benutzen würde. Ein Mann von 40 Jahren ware ich damals, nun ware es zu spät, eine anderes Gewerbe zu erlernen, zumalen da ich mich durch das viele Lernen tief in meiner Denkkraft erschöpft hatte.« In dieser Not erschien eines Tages sein Bruder Joseph, der Vergolder aus Andernach und überredete den Bildhauer, um dessen Kleinmut zu heben, hölzerne Schuhe anzufertigen. Die Entbehrungen der kommenden Zeiten so sagten sie sich, würden zo groß sein und die Armut der von den Franzosen ausgeplünderten Deutschen, besonders der linksrheinischen Bevölkerung, werde so zunehmen, dass die meisten bald nicht mehr in der Lage seien sich lederne Schuhe zu kaufen. So verfertigten die beiden während des Winters 1794 Holzsehule. Kauften Holz, schafften Tag und Nacht fleißig fort, verkauften Anfangs solcher etliche, verborgten viele und die meisten blieben liegen.« (F.G. S. 92).

Als diese Hoffnung fehl geschlagen war und die bittere Not ihn und seine Familie von neuem bedrohten, trat Heinrich Alken 1795 zunächst 4 Monate lang als Magazinaufseher in Mayens städtische Dienste und mußte als solcher gegen 1 Brot täglicher Bezahlung das requirierte Getreide backen lassen und die Brote an die französischen Soldaten austeilen. (vergl. hierzu das Mayener Stadtratsprotokoll vom 8.6.1795 wo die »Munigipalität« vom commihsair Maljlan aufgefordert wird, einen »verständigen und ehrlichen Menschen in Vorschlag zu bringen welcher die Aufsicht über die auf dem Rathausspeicher aufgestapelten Getreidevorräte führen sollte und die Vermahlung und Verteilung des Brotes übernehme«. Nach dem gleichen Protokoll wird der Bürger Alken vorgeschlagen. In den folgenden Jahren (1795 - 97) blieb unserer Bildhauer vor der äußersten Not bewahrt, daß ihm die von dem städtischen Beamten Kaifenheim übertragene »Untersuchungskommission im Amte« etwas einbrachten. Auf diesen Untersuchungsreisen lernte er verschiedene Ortsbürgermeister kennen, in deren Auftrag er dann öfters die Gemeinderechnungen anfertigte, was ihm wiederum einen kleinen Nebenverdienst einbrachte. Trotz aller dieser Nebenbeschäftigungen hätte er seiner Familie dem hunger und dem Elend preisgeben müssen, wäre er nicht von seiner tüchtigen und fleißigen Frau unterstützt worden, welche während des ganzen Krieges »durch ihre Arbeit mit Nähen aller Art das ihrig beigetragen hatte.« Während dieser unruhigen Jahre verdiente Alken wie bereits oben gesagt worden ist, mit seiner Bildhauerei (Die Rechnung der Mayener Pfarrkirche vom Jahre 1791 berichtet »1791 den 15. Oktober und 1792 den 7. Jan. zahlten auf Weisungen dem Heinrich Alken vergen gefertigten 4 Bildern an die Beichtstühlen laut Schein 17 rthlr.« Es handelte sich hier um 4 geschnitzte Reliefbilder, die oberhalb der Eingangstüre die vier Beichtstühle angebracht waren; diese Beichtstühle hatte nach der Kirchenrechnung. 1789/90 der damalige Schreinermeister Jörg Schneider für 100 Thaler angefertigt, während nach der Kirchenrechnung 1785 dem Schreiner Michael Alken, dem jüngeren Bruder Heinrich, »wegen einem verfertigten Risse der Beichtstühlen« 14 rthlr. 36 alb. gezahlt wurde. Weder von den geschnizten Reliefbildern noch von den Beichtstühlen ist heute etwas vorhanden.) sozusagen nichts, da kein Mensch an die Verziehrung der Kirche und Gotteshäuser dachte und die Kriegslieferungen sowie die vielen Einquartierungen so viel Geld kosteten, dass »nichts übrig blieb, an die Außerbäudichkeit der Religionszirte zu denken.« (vgl. F.G. S. 122) Nur eine einzige größere Bildhauerarbeit scheint Alken in dieser Zeit fertiggestellt zu haben. Die Hauptallee des schon 1785/86 neu eingerichteten (vgl. die Mayener Stadt-Bürgermeisterei Rechnung 1786, wo angeführt ist, dass »Ausgabgeld wegen des neu an St. Veith dies Jahr errichten Kirchhofs, da Ihro kurfürstl. Dhlt. unterm 8. Merz 1785 endgültig geruht haben den Kirchhof außerhalb der Stadt zu verlegen.«) St.Veitfriedhofes in Mayen sollte damals mit Stationen geschmückt werden. Wohlhabende fromme Bürger übertrugen Alkens die Ausführung dieser »sieben Fußfälle», die ihm jedoch nach seiner eigenen Angaben nur einen bettelhaften Lohn einbrachten. Da diese Stationen, von den leider nur noch 2 einigermaßen erhalten sind, aus einem ganz weichen, bröckligen Sandstein gearbeitet sind, haben sie unter der Verwitterung im laufe der Jahrzehnte so gelitten, dass wir uns ein abschließendes Urteil über die ursprünglichen Arbeiten nicht erlauben können. (Zwei der am besten erhaltenen sind von Herrn Friedolin Hörter in Mayen 1920 photographiert worden, so dass bei der schnell fortschreitenden Verwitterung diese arbeiten Alkens nicht ganz der Vergessenheit anheimfallen. Die eine dieser Stationen trägt die Jahreszahl 1810.

So arbeitete sich Alken bis zum Jahre 1797 unter vielen Entbehrungen durch. Endlich half ihn eine glücklicher Zufall seine Lage bessern. Da die Lehrerstelle für die weibliche Jugend in Mayen neu zu besetzen war, wählte ihn der damalige Pfarrer Kohausen aus den von der Stadt vorgeschlagenen 3 Kandidaten als den tüchtigsten Bewerber aus (vgl. Hansen, Beiträge zur Geschichte der Stadt Mayen, Trier 1828 Seite 75 ff. und Hilger, Geschichte von Mayen 1910 S. 307)

Anno 1797 habe ich, so sagt er in dem Familienbüchlein, »die Mädchen Schul angenommen« damit betreten wir die zweite Hälfte seines Lebens die er mit 44 Jahren begann. Es ist ihm sicherlich nicht leicht geworden durch den Übertritt in den Schuldienst mit seinen künstlerischen Neigungen zu brechen. Aber was blieb ihm in dieser ernsten Zeit anders übrig als der bitteren Not und Pflicht zu gehorchen, zumal da er keine Aussicht hatte, sich und seine Familie mit all seiner »so sauer errungenen Wissenschaften durchzubringen«. (F.G. S. 96) Das Schulgebäude befand sich seit 1787 (Zur Geschichte dieses Schulgebäudes und der Michaeliskapelle vgl. meinen Aufsatz »von alten Kirchen und Friedhöfen Mayens« in den Rheinischen Heimatblättern) am heutigen Kirchplatz in dem Hause Nr. 13/14 an der Stelle wo vor 1787 die kleine Michaeliskapelle gestanden hatte, da das Schulhaus vorerst noch mit französischen kranken Soldaten belegt war, so mußte Alken die Kinder im Kapitelhause unterrichten.

Am 15. April 1798 besagt eine kurze Notiz im Familienbüchlein, »sind mit in die Schul eingezogen«. So blieb er vor Unglück und vor schweren Nahrungssorgen behütet, wenn auch der Lohn, (F.G. S. 123) den er als Lehrer erhielt allein nicht ausreichte, dass zum Leben nötige zu beschaffen. Nach seinen eigenen Angaben zahlten von den 90 Schülerirnen jede das Jahr 26 Albus. Für den Unterricht der armen Kinder erhielt er aus dem Hospital 3 Malter Korn, außerdem als festes Gehalt von der Gemeinde 7 und von dem Hospital 19 Thaler. »Mit diesem kümmerlichen Gehalte mußte ich mich und die Meinigen durchbringen denn worauf hätte ich Schulden machen können.« (F.G. S. 123) Erst einige Jahre später setzte der französische Prefekt das Schulgeld der Kinder von 24 auf 36 Albus, und erst der bekannte Prefekt Lezay Marnesia, der vorletzte in der Reihe der Prefekten des Rhein- und Moseldepartements, bestimmte nach Alkens Mitteilungen in der Familiengeschichte, (F.G. S. 125) »dass ein Schullehrer, welcher alle seine Zeit auf sein schulamt verwenden müße, auch davon zu leben hatte, und nicht außer der Schulzeit nöthig hette brod für sich und die Seinigen kümmerlich zu erwerben.« Von diesen Prefekten wurde das feste Lehrergehalt auf 500 Franken festgesetzt, und da die Zahl der zu unterrichtenden Mädchen inzwischen 200 überstieg und alle noch 36 Albus bezahlten, konnte Alken endlich aufatmen und sich vorerst helfen. Kaum hatte er sich ein paar Jahre in den neuen schweren Beruf eingelebt, da riß ihm der Tod die Gattin von der Seite. Sie starb 1800 in ihrem 48. Lebensjahre. Was sie ihm und seiner Familie im Leben und besonders in den vergangenen sorgenvollen Jahren gewesen, geht vor allem aus den wenigen rührenden Worten hervor, die er seiner Frau in dem Familienbüchlein widmet. »Ihr Betragen in ihrem Ehestand« , schreibt er »verdienet als Christin, Frau, Mutter und Haußhälterin lob und Ehre, und deswegen ist der Verlust derselben den hinterlassenen sehr empfindlig. Goot gebe ihr den ewigen Lohn ihres rechtschaffenen Verhaltens.« Die unruhigen Zeitverhältnisse sowie die Unmöglichkeit, sich bei dem anstrengenden Lehrerberufe um seine meist noch unversorgten Kinder zu bekümmern, mögen ihn veranlast haben sich nach einer neuen Gattin umzusehen. (Er heiratete 1801 die, 38 jährige Jungfrau Eva Katharina Knauf, die ihm in den folgenden Jahren 2 Kinder schenkte. vgl. auf F.G. S. 105) Mittlerweile war, etwa seit 1800, das linke Rheinufer dem französischen Staate einverleibt worden, und an die Stelle der Militär- und später der Zentralverwaltung (1798) war seit 1801 die französische Departements- oder Prefekturregierung getreten. (vgl. hierzu Handbuch für die Landleute von Rhein- und Moseldepartement für das Jahr 1808 Koblenz in der Prefekturbuchdruckerei Seite 16 ff, vgl. auch die Geschichte von Mayen S. 202).

Die Bewohner des linken Rheinufers, also auch die Mayens, welches damals etwas über 2.500 Einwohner zählte, (Hansen a.a.O. S.9 und Handbuch für Landleute S, 15) galten nun als direkte Untertanen der franzbeischen Regierung und blieben es bis 1814. »Wir waren also auch Franzosen; denn alle gerichtliche und öffentliche Verhandlungen mußten in französischer Sprache geschrieben werden, welches uns als geborene Deutscher nicht wenig Kummer machte.« (F.G. S. 135) Alken konnte in diesen Jahren der geordneten französischen Verwaltung, soweit sein Lehrerberuf ihm Zeit dazu ließ, wieder einige wenige Aufträge von Bildhauerarbeiten übernehmen. Außer der bereits erwähnten, für den St. Veitfriedhof in Mayen verfertigten Station vom Jahre 1810 hat er 1811 für die Kirche in St. Johann bei Mayen ein Missionskreuz gearbeitet, das heute noch vorhanden ist. (Nach der St. Johanner Kirchenrechnung von 1812 hat Alken für Arbeiten am Friedhofstor 8 fris 65 ce erhalten.). Im großen und ganzen wird er in dieser zweiten Hälfte seines Lebens als Bildhauer nicht mehr viel schaffen können.

So flossen die Jahre für ihn in seiner stillen, emsigen Lehrtätigkeit dahin, welche nur hin und wieder von den unruhigen Zeitverhältnissen in Mitleidenschaft gezogen wurde. Nachdem er schon 1809 den zwanzigjährigen Sohn Urban als Konkribiertan (vgl. außer dem Familienbüchlein auch die F.G. S. 117) in die französische Armee nach Spanien hatte schicken müssen, forderte der Kaiser Napoleon 1813 auch seinen 2. Sohn Joseph (die gleiche Nachricht birgt die F.G. S. 104) von ihm, damit er in dem bevorstehendem Entscheidungskampfe unter Napoleon gegen die Verbündeten Heere mitkämpft. Alken sollte diesen Sohn nicht wiedersehen. Eine kurze, aber vielsagende Eintragung in das Familienbüchlein vom Jahre 1871 berichte: »Den 27. April 1813 würde mein Sohn Joseph zum Soldaten gezogen und unter das 85. Regiment zu Fuß gestellt. Hat bis zum 24. Hornung 1817 noch nicht von sich hören lassen, ist allem vermuthen nach bey Leibzig in der Schlacht geblieben.«

Nach 1812 habe ich Alkens Tätigkeit als Bildhauer nicht mehr verzeichnet gefunden. Die Sorge um seine Familie und Enkelkinder, deren er an die vierzig zählte, sowie der große Ernst, mit dem er den Unterricht seiner Schüler auffaßte und durchführte, nahmen seine Zeit und Kräfte ganz in Anspruch.

Da die Bevölkerung nach dem Kriege, also seit 1815, wie überall so auch in Mayen beträchtlich gestiegen war, - die Stadt zählte 1817 bereite 2.635 Seelen - (Hilger Gesch. der Stadt Mayen, S. 224) erwies sich das alte d. h. das 1787 erbaute Schulhaus schon bald als zu klein. (am Kirchplatz) Man baute in den Jahren 1821 - 24 eine Schule (der Baumeister war Heinrichs Alkens Bruder Michel Alken vgl. auch Hansen a.a.o.S. 76) es ist das heutige städtische Verwaltungisgebäude in der Göbelstraße, und beschloß, da 2 Lehrkräfte die 550 Schüler und Schülerinnen unmöglich allein unterrichten konnten, (vgl. Hansen S.78 demnach hatte der Knabenlehrer bisher 338 Knaben und der Mädchenlehrer 218 Mädchen zu unterrichten.) die neue Schule mit 2 Lehrern und Lehrerinnen zu besetzten. Alkens zog im Herbst 1824 in das neue Schulhaus. Bald darauf wurde von dem Landrat Hartung eine neue Schulordnung 1825 ausgearbeitet, die 1826 in Kraft trat. vgl. Hansen a.a.O.S.78 ff) da der vierundsiebzigjährige den erhöhten Anforderungen sich nicht mehr gewachsen fühlte, bat er den Mayener Stadtrat, ihn aus dem Schuldienst zu entlassen. (P.G. S. 140). Die Bitte, wurde ihm gewährt und dem verdienten Lehrer außerdem ein jährliches Ruhegehalt von 50 Tahlern bewilligt. Bevor Alken sich von seinen Schülerinnen und der Lehrertätigkeit, die er 30 Jabre ungefähr lang ausgeübt hatte, trennte, wandte er sich in einer kleinen Abschiederede, (Mayen, den 20.4.1826. Anrede, welche Schulleiter Heinrich Alken an seine Schülerinnen gehalten, nachdem er seit anno 1797 den 6.ten Dezember bis anno 1826 den 30. April in der Gemeinde Mayen als Lehrer der weiblichen Jugend Vorgestanden, und also zu seinen Schülerinnen, folgende Abschiederede gehalten. Geschrieben von Maria Anna Kopsin. Die Rede findet sich im Besitze des Herrn Karl Alken in Mayen) die urschriftlich auf uns gekommen ist, an seine Schülerinnen, Diese Rede hat für uns nicht nur als zeitgeschichtliches und pädagogischee Schriftstück einen Wert, sondern ist uns vor allem deshalb lieb, weil sie uns in Alkens reine, und vornehme Seele eine Blick tun läßt, in die Seele eines Mannes und Lehrers, der, ohne die eigenen Schwächen zu verkennen und zu bemänteln trotz mancher Enttäuschung in Leben und Beruf den Glauben an die Kraft des Guten in der menschlichen Natur nicht aufgibt. (Es können hier nur die Hauptgedanken dieser Abschiedsrede mitgeteilt werden. Nach dem Alken sich eingangs darüber beklagt hat, dass bei manchen seiner Schülerinnen all sein Fleiß und alle seine angewandte Mühe nicht gefruchtet hätte, fragt er nach dem Grund dieses Mißerfolges und stellt fest, daß er in vielen Fällen vielleicht zu milde und nachsichtig gewesen sei. Vor allem habe er zu viel Rücksicht auf manche unvernünftige Eltern genommen, den denen er sich, da sie ihre »krabitzigen Kinder wie die Affen liebten,« nicht hätte verfeinden wollen. Leider hätten manche Eltern aus Geiz oder anderen Gründen ihre Kinder vom Unterricht ferngehalten. Denen aber, die fleißig und brav den Unterricht bei ihm genossen hätten, gebe er als beste Lehr den Satz mit auf den Lebensweg »Tue jedem, wie du selbet getan hättest.« Wie werde es ihn freuen, wenn aus seinen Schülerinnen später »gute, gesittete, ehrbare und wahrhaft fromme, tugendsame Weibsbilder geworden seien.« Obwohl er so stets vom besten Willen beseelt gewesen sei, eine »wirkliche Sittenverbesserurig unter die weibliche Jugend Mayens zu bringen, so seien es doch bei manchen Sohülerinnen eitle Luftschlösser gewesen.« Habe er somit sein Ziel nicht erreicht, so seien seiner eigenen menschliche Schwäche und die Unbügsamkeit mancher Herzen. Schuld daran. Möchten sich, so sagt er zum Schlusse, im späteren Leben alle Schülerinnen so betragen, daß auf diesen traurigen Abschied ein Strahl der Freude falle.) In den Tagen, da Alken einer seiner Schülerinnen diese Abschiedsworte diktierte, nahm er noch einmal sein geliebtes Schreibbüchlein zu Hand, in das er die wichtigsten Geburts- und Sterbetagdaten der Familie einzutragen pflegte. Vor vielen Jahren, als er das Büchlein anlegte, hatte er auf dem 1. Blatte verwerkt daß viel Trauriges, aber auch viel Fröhliches in ihm enthalten sei. Jetzt, am Ende seines Arbeits- und sorgenreichen Lebens, fügte er mit zitternder Hand hinzu:

Überhängt mehr Leid als Freude
Gott wolle uns Helfen!

Nicht lange hat unser Lehrer und Bildhauer sich der verdienten Ruhe erfreuen können. Am 18.10.1827 nahm ihn der Tod hinweg. (Aus dem Register für die Sterbefälle der Gemeinde Mayen geht hervor, das Heinrich Alken, »ex Schullehrer zu Mayen« am 18.10.1827 nachm. 2 Uhr an Altersschwäche gestorben ist. Das noch erhaltene Alken‘sche Nachlassverzeichnis (im Besitze des Mayener Geschichts- und Altertumsvereins) erzählt uns, dass Alken an Kapitalien, Grundbesitz etc. ein Vermögen von inegezamt 3640 Tahlern hinterlassen hat, ein Beweis, daß es dem Manne im späteren Leben geglückt war, sich von den alten materiellen Sorgen zu befreien. (Er war äußerst sparsam). Er ging von vielen geliebt und betrauert aus dieser Welt. Als ein Jahr nach seinen Tode der damalige Kaplan Hausen seine Beiträge zur Geschichte Mayens schrieb, gedachte er auch des verstorbenen Alken mit folgenden Worten:

»Der nun mehr entschlafene Hr. Alken hat sein Amt treu und zur Zufriedenheit aller verwaltet. Sein freudlich heiterer und kindlicher Sinn machte ihn seinen Schülerinnen immer lieb und werth, und die Eltern zollten ihm allgemein Achtung. Sanft ruhe die Asche des verdienten Lehrers!«

(...)

Quelle: http://www.alken.nl/alken/


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