Eduard Wilhelm Pose

* 1812 in Düsseldorf; † 1878 in Frankfurt am Main

 

1834/1835
Blick in das Ahrtal bei Bodendorf
Öl auf Leinwand
28,7 x 41,1 cm Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt

 

Blick in das Ahrtal bei Bodendorf - Anmerkungen zu E. W. Poses romantischer Ansicht

Hildegard Ameln-Haffke und Jürgen Haffke

veröffentlicht im Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 1982, S. 60

I. Zur kunstgeschichtlichen

Einordnung des Gemäldes

1. Das Gemälde

Das romantische Ölgemälde des Düsseldorfer Malers Eduard Wilhelm Pose »Blick in das Ahrtal bei Bodendorf« entstand im Verlauf des Jahres 1834/35 von einem erhöhten Aussichtspunkt oberhalb der damals am Reisberg gelegenen Weinberge. Der Bildvordergrund, dunkel gehalten in der Farbigkeit, zeigt drei Frauen und drei Männer; während zwei von ihnen links und rechts etwas abseits sitzen - vorne links ein Maler -, scheinen die übrigen vier in der vorderen Bildmitte in ein Gespräch vertieft zu sein. Der Vordergrund wird links und rechts von niedrigen Bäumen und Sträuchern und zum Bildmittelgrund von einem nach rechts hin abfallenden Weinberg begrenzt.

Die Verbindung vom Bildvordergrund zum Mittelgrund, dem Dorf, stellen zwei Wege her (heute »Hauptstraße« und »Am Finkenstein«), die durch Weingärten führen und sich an einem Baum treffen (Standort der heutigen Linde), um von dort aus nach rechts aus dem Bild zu führen (heute »Schützenstraße«). Diese horizontale Linie nach links verlängert gedacht stellt die Standlinie dar, auf welcher der Künstler das Dorf »aufbaute«, die aber nicht identisch mit der horizontalen Mittelachse des Bildes ist. Das hinter dem Dorf Liegende, die Flußaue der Ahr, die Berge und der Himmel bilden den Bildhintergrund. Auffallend ist die Wahl des Blickausschnitts durch den Künstler, der am linken Bildrand den Mittelgrund stufenlos in den Hintergrund übergehen läßt und auf diese Weise die Tiefe des Bildes, die schon durch das Landschaftsmotiv selbst vorgegeben ist, noch betont.

Den »Blick in das Ahrtal bei Bodendorf« kann der Betrachter, jeweils beginnend bei der Vierergruppe im Bildvordergrund, über drei Blickrichtungen nachvollziehen:

  • einmal links am Dorf vorbei über die Ahraue bis zur Talenge bei Lohrsdorf,
  • oder dem geschwungenen Weg folgend über die Wegegabelung und das hervorgehobene Haus in der Dorfmitte (ehemaliger St. Thomashof) entlang des Hangfußes (heute »Am Sonnenberg«),
  • oder den heutigen Finkenstein hinter dem Dorf im Hohlweg (heute »Heerweg«) fortsetzend über den Bergrücken und die Landskrone wieder bis zur Talenge bei Lohrsdorf hin.

Die recht kleingliedrige Gestaltung des Vordergrundes und des Dorfes steht im Gegensatz zur großzügigeren und eher flächig wirkenden Landschaft des Mittel- und Hintergrundes. Zum kompositorischen Gleichgewicht trägt die Wolkenbank bei, deren Unterseite parallel zum oberen und unteren Bildrand, sowie zur Standlinie des Dorfes und den Bergrücken verläuft. Nach Börsch-Supan (1979, S. 227) angeblich den bedrohlichen Aspekt der Landschaft zeigend, haben die Wolken u. E. eher die Funktion, neben der Betonung des Dorfes als Schwerpunkt wiederum den Blick des Betrachters durch die nach links hin abfallende obere Begrenzungslinie auf die Talenge bei Lohrsdorf zu lenken, wo auch eine stärkere Konzentration des Lichts festzustellen ist.

Holzinger/Ziemke (1972, S. 283) und Börsch-Supan (1979, S. 227) vermuten, daß die Personen des Bildvordergrundes im von Pose gemalten Original nicht dargestellt waren; sie sollen von einem Künstlerfreund Poses, Alfred Rethel, schon 1835 hineingemalt worden sein. Eine Bleistiftnotiz auf der Rückseite des Gemälderahmens gibt über die Dargestellten Auskunft (von links nach rechts): 1. Eduard Wilhelm Pose selbst, 2. Wally Becker, 3. Johanna Müller, 4. Wilhelm Müller, 5. Jenny Heubes, 6. Jacob Bekker. Das Monogramm Poses »EWP« befindet sich in der Bildmitte des Vordergrundes an einem Stein.

Obwohl sich E. W. Pose sicherlich einiger künstlerischer und kompositorischer Freiheiten in seinem Gemälde bedient hat (Bildvordergrund, Blickausschnitt und Perspektive), gibt er doch mit großer Wahrscheinlichkeit die Charakteristika des damaligen Landschafts- und Dorfbildes recht genau wieder.

2. Der Künstler und seine Zeit

Eduard Wilhelm Pose kam am 9. Juli 1812 in Düsseldorf als Sohn des Landschafts- und Dekorationsmalers Ludwig Pose (geb. 1786) zur Welt. Mit 19 Jahren schloß er sich der Landschaftsklasse von Carl Friedrich Lessing an der Düsseldorfer Akademie an und wurde dann unter Johann Wilhelm Schirmer zum Landschaftsmaler ausgebildet. Aufgrund vieler Reisen, Wanderungen und Studien vor der Natur wurde Pose zu einem der bedeutendsten Landschaftsmaler der Düsseldorfer Malerschule. Er starb am 14. März 1878 in Frankfurt/Main.

Die Düsseldorfer Akademie war nach der Rückeroberung des seit 1794 von Frankreich besetzten linken Rheinufers (1814) durch Preußen wieder neu begründet worden. Die Kunstpolitik Preußens richtete sich deshalb verstärkt auf diese Akademie, weil man auch sie als Möglichkeit ansah, zu einer schrittweisen kulturellen und politischen Eingliederung der durch die Franzosenzeit liberal gesinnten Rheinlande in die »Preußische Rheinprovinz« beizutragen. Während sich östlich des Rheins die theoretische Auseinandersetzung mit der Romantik in Literatur und Malerei schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts verstärkt niedergeschlagen hatte - man unterscheidet heute (nach Einem) eine sogenannte »katholische« (Lukasbund und andere) und »protestantische« romantische Bewegung (Ph. 0. Runge, C. D. Friedrich, Landschaftsmalerei) -, erreichte die Romantik das Rheinland erst, als sich außerhalb schon Anzeichen des Niedergangs zeigten. Die Gründe für das späte Übergreifen sind hauptsächlich in den politischen Verhältnissen der französischen Besatzungszeit zu sehen. Die Landschaftsmalerei setzte sich allerdings im Rheinland zunächst nicht durch. Dies lag an der personellen Besetzung der Leitung der Düsseldorfer Kunstakademie. Peter Cornelius, von 1819-1824 Leiter der Akademie und selbst ehemaliges Mitglied des Lukasbundes, erklärte ausschließlich die Monumental- und Freskomalerei nach Vorbild der alten Meister (der Italiener des 13. und 14. Jahrhunderts und der Altdeutschen) zum Fundament von Ausbildung und Kunstschaffen. Erst mit Wilhelm von Schadow als neuem Direktor von 1826-1859 war kunstpolitisch eine Wende vollzogen; dieser räumte zwar selbst der Historienmalerei den Vorrang ein, ließ aber u. a. auch die Landschaftsmalerei zu und stellte hierzu Lehrer ein, so die Lehrer von E. W. Pose, Carl Friedrich Lessing und Johann Wilhelm Schirmer, deren Malstil die gesamte Landschaftsmalerei der Düsseldorfer Malerschule entscheidend beeinflußt hat.

Die oft in Liedern, Gedichten, Sagen und Legenden besungene und gerühmte Rheinromantik fand in der Landschaftsmalerei der Düsseldorfer Akademie geringe Beachtung. Dies hängt mit dem gerade zu jener Zeit bestehenden, durch das Aufblühen der Rheinschiffahrt verstärkten Tourismus, hauptsächlich durch die Engländer, zusammen. Die damit verbundene große Zahl von Reisebeschreibungen, illustriert mit unzähligen Stichen, nahmen den Malern einfach den Reiz, diese Landschaft in Gemälden einzufangen. So begnügte man sich bei den wenigen Rheingemälden, das Charakteristische einzufangen, d. h. nicht »abzubilden«, um ein künstlerisches Gegengewicht zu den Reisebüchern zu schaffen; vielmehr wich man auf die unbekannteren und vom Tourismus weniger berührten, rheinnahen Landschaften und Täler aus. Hier ging man allerdings dazu über, unter Verwendung von romantischen Akzenten (harmonische, warme Farbigkeit, raumschaffende Achsen, Konzentration von Licht, bedrohliche Wolkenbilder, Menschen im Bildvordergrund u. a.) das Motiv möglichst naturgetreu wiederzugeben.

E. W. Poses »Blick in das Ahrtal bei Bodendorf« findet in diesem Zusammenhang eine Erklärungsgrundlage.

3. Die Beziehung des Künstlers zu Bodendorf

Die Bleistiftnotiz auf der Rückseite des Poseschen Gemäldes führt u. a. den Namen Wilhelm Müller auf. Jener Wilhelm Müller (1816 -1873) nannte sich später »Wolfgang Müller von Königswinter« und ist unter diesem Namen als rheinischer Dichter sehr bekannt geworden. Seine Großeltern besaßen in Bodendorf ein Weingut, den ehemaligen Zehnthof (heute Anwesen Giesen/Seifer an der Post), während seine Eltern und er in Königswinter bzw. Bergheim beheimatet waren. Nach dem Tod der Großeltern übernahm der Vater W. Müllers, Dr. med. Johann Georg Müller, 1822 den Besitz in Bodendorf; 1828 siedelte die Familie nach Düsseldorf über. Dort bildete das Müllersche Haus am Karlsplatz einen Anziehungspunkt für zahlreiche Studienfreunde W. Müllers, darunter die Landschaftsmaler Alfred Rethel und Andreas Achenbach von der Düsseldorfer Kunstakademie. Wolfgang Müller schreibt selbst über den Herbst 1834, in dem vermutlich das Gemälde von Bodendorf entstand (zitiert nach Ottendorff-Simrock 1961 auch in Seel/Haffke 1981, S. 707 71);

»In den Ferien des Jahres 1834 hatte ich die Freude, Alfred Rethel als Gast im Kreise der meinigen zu Bodendorf an der Ahr zu sehen, wo meine Eltern ein Weingütchen besaßen und sich gewöhnlich vor und nach der Traubenlese aufhielten. Da der herrliche Herbst von 1834 ganz besondere Genüsse versprach, so erhielt ich die Erlaubnis, einige Bekannte von Düsseldorf mitzunehmen. Ich hatte zu jener Zeit meine nächsten Freunde unter den Künstlern und lud auch Rethel zum Besuch ein. Wir machten diesmal eine Fußreise mit dem Ranzen auf dem Rücken. . . . Am zweiten Tage gelangten wir nach Bodendorf, wo wir fröhliche Zeiten erlebten und in lauter Jugendlust Berg und Tal durchschwärmten . . .«

Unter den angesprochenen »Bekannten von Düsseldorf« befand sich auch E. W. Pose, der diesen Aufenthalt in Bodendorf nutzte, seinen »Blick in das Ahrtal bei Bodendorf« zu malen. Ebenso hat eine Ansicht Erpels von Pose ihre Ursprünge in jenem Herbstaufenthalt. In beide Bilder hat Alfred Rethel gleich oder nicht viel später die Bildnisse der Freunde hineingemalt (Holzinger/Ziemke, 1972, S. 284). Das Bodendorf-Bild schenkte Pose der Mutter W. Müllers. Auch von dem in Poses Bild dargestellten Jacob Becker, der W. Müllers Schwester Wally geheiratet hatte, ist ein Gemälde »Ahrgegend bei Bodendorf« bekannt (Püttmann, 1839, S. 224), das sich bislang noch nicht auffinden ließ.

II. Zur Situation Bodendorfs in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts

...

 

Weite sommerliche Tallandschaft
Öl auf Papier auf Holz gezogen
27 x 40cm

 

1833
Landschaft mit Mühle
Öl auf Leinwand
77 x 69 cm

 

Südliche Gebirgslandschaft
Öl auf Leinwand auf Karton aufgezogen
37 x 45,5 cm


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