31. Mai - 31. August 2008

Schätze der Wallonie um Malmedy

Mit Gemälden von Jean-Nicolas Ponsart (23.04.1788 - 04.03.1870)

 

Titelblatt des Ausstellungskataloges
Copyright: Stadt Malmedy, 2008

 

Es ist schon merkwürdig: Wer sich der Lebensgeschichte dieses Mannes zu nähern versucht, sieht sich weitgehend auf einen Nachruf in der Malmedyer Wochenzeitung »La Semaine« vom März 1870 verwiesen. Kleinere Korrekturen und Ergänzungen, vor allem aber eine erste künstlerische und warmherzige menschliche Würdigung aufgrund persönlicher Erinnerungen fügte J. Helbig 1905 in der Nationalbiographie von Belgien hinzu. Ein wenig über die Familie und den Künstler selbst fanden dann noch Ferdinand Dandrifosse, als der Verein »Malmedy-Folklore« 1938 den 150. Geburtstag Ponsarts mit einer Aufstellung eines ihm gewidmeten Denkmals beging, und E. Mostert heraus. Die großen Künstlerlexika hielten ihn nur weniger Zeilen Wert. Das ist denn auch wirklich alles. Dabei hatte Jean-Nicolas Ponsart in den dreißiger Jahren des vorigen Jahrhunderts mit seinen sorgfältig gestalteten Lithographienserien malerische Ansichten aus der Rheinprovinz die Aufmerksamkeit und Anerkennung allerhöchster Kreise Gefunden.

Geboren wurde er am 23. April 1788 in der Stadt Malmedy im geistlichen Fürstentum der uralten Doppelabtei Stavelot-Malmedy, das nur noch wenige Jahre zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nationen gehören sollte. Sein Großvater stammte aus Lüttich und ließ sich in Malmedy in einem der traditionsreichen Gewerbe der Stadt, als Gerber, nieder. Kurz vor seinem Tode gebar ihm seine Frau einen Sohn, Antoine-Sigismond-Lambert. Dieser heiratete 1771 Marie-Elisabeth-Thérèse Hermann. Als strebsamer Gerber gelang ihm der Aufbau eines kleinen Handelshauses, er avancierte zum Kompanie-Leutnant der Malmedyer Bürgergarde und städtischen Kommissar. Sechs Kinder entsprossen seiner Ehe, als jüngestes Jean-Nicolas-François, unser Künstler.

Nachdem 1795, das Reichsfürstentum Stavelot-Malmedy aufgehoben und Frankreich einverleibt und auch die Rheinlande bis zum Rhein französisch geworden waren, kam Ponsart 1807 nach seiner Schulbildung in Malmedy zum ersten Mal nachhaltig mit dem Rheinland in Berührung. In Godesberg und dann auf der Sekundarschule in Bonn sollte er Deutsch lernen. Wahrscheinlich hatte sein Vater richtig erkannt, dass die Verlegung der französischen Zollgrenze an den Rhein einer Ausweitung seines Handelshauses förderlich sein werde. Damit Jean-Nicolas eine gediegene Handelslehre eingehe, schickte er ihn nach Paris in das angesehene Handelshaus Dubourg et Périet. Drei Jahre blieb der Junge dort, zwar ausgebildet, aber ohne rechte Freude an dem ihm zugedachten Beruf, stattdessen mit Sehnsucht nach einer künstlerischen Laufbahn erfüllt. 1811 kehrte er nach Malmedy zurück und trat in die väterliche Firma ein. Nachdem er sich 1808 von der Einziehung zum französischen Militär hatte freikaufen können und Malmedy auf dem Wiener Kongress der preußischen Krone zugesprochen worden war, musste er 1816 als preußischer Landwehroffizier am Feldzug der Verbündeten gegen Frankreich teilnehmen. Wohl durch den Gefechtsdonner erlitt er hier eine Gehörschädigung, die ihn im Alter immer schwerhöriger werden ließ.

 

Bachlauf

 

Im Jahr darauf heiratete der 29jährige »Lederfabrikant« Jean-Nicolas die um zwei Jahre jüngere Hélène-Françoise Faymonville, wie er aus Malmedy stammend. Zu seinem größten Unglück verstarb seine junge Frau nach kurzer Ehe im Oktober 1818, ohne ihm ein Kind geboren zu haben. Da er wenige Jahre vorher auch seine Eltern verloren hatte, band ihn nun nichts mehr an sein früheres Leben, und so gab er seinen erlernten Beruf auf und zog nach Düsseldorf, um dort Malerei an der kurz zuvor von Peter Cornelius zu neuem Leben erweckten Kunstakademie zu studieren. Endlich konnte er seiner wahren Leidenschaft nachgeben, wenn wir auch über seine Düsseldorfer Zeit nichts wissen.

Nach einem kurzen Intermezzo in Aachen, wo er an dem 1825 eröffneten Stadttheater Dekorationen malte, ging er nach Antwerpen und bald darauf nach Brüssel. Dort setzte er seine Landschaftszeichnungen fort und widmete sich der damals groß in Mode gekommenen Technik der Lithographie, des Steindrucks. In Brüssel lernte er den um acht Jahre jüngeren, dort geborenen Maler und Lithographen Jean-Baptiste Madou kennen, der wie er zuerst in einem kaufmännischen Beruf tätig gewesen war. Eine tief empfundene Freundschaft verband die beiden Männer. Da der eine auf Porträts und Personenstaffage spezialisiert war, der andere auf Landschaftsdarstellung, gaben sie 1828 und 1829 zwei gemeinsame Gelegenheitslithos heraus, die zwei Feste der Harmoniegesellschaft von Antwerpen darstellten. Auch später arbeiteten sie in ähnlicher Weise zusammen.

Aber auch in Brüssel hielt es den gut Vierzigjährigen nicht lange. Kurz nach der Julirevolution von 1830 ging er nach Paris, wo er sich in der ruhe des Petites Ecuries Nr. 21 einmietete. Schon im Jahr darauf gelang dem bisher nur wenig hervorgetretenen Künstler ein gewisser Erfolg, weil er nämlich im berühmten Pariser Salon - der später bedeutenden Impressionisten lange zeit verschlossen blieb - eine Reihe von Zeichnunstellen durfte, auf deren er die Maaslandschaft von Givet im Süden bis hinauf nach Lüttich darstellte. Wir wissen nichts Näheres über seine Ausstellung, doch scheint sich Ponsart einen guten Ruf als Landschafter erworben zu haben. Denn im gleichen Jahr veröffentlichte die geschäftstüchtige Pariser Kunstanstalt Engelmann, die sich einen Namen für die Edition romantischer Reisewerke gemacht hatte, die ersten beiden Lieferungen einer Lithographienserie von Ponsart unter dem Titel »Souvenirs de l’Eyfel et des Bords de l’Ahr, dans La Prusse Rhénane« (Erinnerungen an die Eifel und die Ufer der Ahr, in Rheinpreußen). Wie wir den in Köln erschienenen, von Prof. Jacob Nöggerath herausgegebenen »Gemeinnützigen und unterhaltenden Rheinischen Provinzial-Blättern« von 1836 entnehmen können, hatten schon die ersten Lieferungen zahlreiche Vorbestellungen gefunden, kaum denkbar bei einem unbekannten Künstler.

 

Manderscheider Burgen

 

Jean-Nicolas Ponsart widmete sie dem preußischen Kronprinzen und späteren König Friedrich Wilhelm IV. Die huldvolle Aufnahme und Anerkennung durch den Kronprinzen ließ in ihm den Plan reifen, alle fünf Regierungsbezirke der preußischen Rheinprovinz in seiner Serie zu je vier Lieferungen mit je vier Blättern, insgesamt also in 80 Blättern zu berücksichtigen und den Titel der Folge entsprechend in »Souvenirs de la Prusse Rhénane« (Erinnerungen an Rheinpreußen) zu ändern. Als er kurz darauf dem Kronprinzen die dritte und vierte Lieferung überreichen ließ, trugen sie bereits den neuen Titel. Der kunstsinnige Friedrich Wilhelm bedankte sich von Sanssouci aus im September 1834 in einem Handschreiben für die Übersendung und versicherte ihm seiner lebhaften Anteilnahme an der Fortsetzung des »so schönen Werks«.

Paris blieb Ponsart ein Jahr lang treu. Nur ein Wohnungswechsel - 1835 zog er in die Rue de la ferme des Mathurins Nr. 45 um - und wohl auch Reisen in die Rheinprovinz unterbrachen diese seine beste Schaffensperiode. In dieser Zeit entstanden bis 1835 die sieben Lieferungen seiner »Souvenirs de la Prusse Rhénane«. Die beiden ersten mit acht Blättern unter dem schon genannten längeren Titel druckte die Pariser Kunstanstalt Engelmann, die übrigen fünf mit 28 Lithographien unter dem kürzeren Titel Engelmanns Nachfolger, die Gebrüder Thierry. Die in den »Rheinischen Provinzial-Blättern« von 1836 angekündigte Fortsetzung mit einer achten Lieferung und der Plan, die ganze preußische Rheinprovinz mit insgesamt zwanzig Lieferungen vorzustellen, unterblieb. Stattdessen legte Ponsart wenige Jahre später, 1838 und 1839, seine Ahrserien vor, die hier zum Nachdruck gelangen. Sie erschienen nicht in Paris, sondern in Brüssel in der lithographischen Anstalt von P. Degobert. Unter dem Titel »Vallée de l’Ahr, Prusse Rhénane« (Ahrtal, Rheinpreußen) erhalten sie außer zwei Titelvignetten einen einleitenden Text aus der Feder von Anrdré van Hasselt, eine topographische Karte und 25 bzw. 12 Ansichtsblätter der Ahr im Abschnitt zwischen Mayschoss und Kreuzberg. Sie lassen uns nicht nur von sorgsam ausgewählten Blickpunkten die durch künstlerische Mittel wirkungsvoll gesteigerte Schönheit der Natur- und Kulturlandschaft des mittleren Ahrtals betrachten, sondern gewähren uns auch Einblick in das ländlich-bäuerliche Alltagsleben des Vormärz. Da erkennen wir Bauern bei der Feldarbeit mit dem Pferde, Kiepen und Lasten tragende Mägde und Knechte, Frauen beim Wäschewaschen am Flussufer, ihres Wegs ziehende Schausteller mit Bär, Kamel und Affen, die Postkutsche an der Herberge. Und überall begegnen uns Maler und Zeichner, in Lektüre vertiefte Romantiker biedermeierlichen Zuschnitts. In diesen Jahren schuf Ponsart auch eine Anzahl von einzelnen Lithographien, darunter sehr schöne Blätter mit Aachener Ansichten, die die Brüsseler Kunstanstalten A. Jobard jun., die Gebrüder Jobard und Degobert druckten.

 

Burg Nideggen

 

Nach seinen Pariser Jahren ging Ponsart noch einmal für kurze Zeit nach Brüssel. Hier gestaltete er einige Blätter gemeinsam mit seinem alten Freund Madou, der die Personenstaffagen zu Ponsarts Landschaften beisteuerte. Madou war jahrelang Lithograph bei Jobard gewesen. Als er 1842 zum ersten Mal als Maler von Genrebildern, vorwiegend Wirtshausszenen, an die Öffentlichkeit trat, begab sich Ponsart noch einmal nach Düsseldorf in die Malerlehre. An der Kunstakademie, inzwischen als »Düsseldorfer Malerschule« zu internationalem Ansehen gelangt, studierte er bei Eduard Wilhelm Pose, einem neben Johann Wilhelm Schirmer bedeutenden Landschafter. Wir wissen nicht, was ihn dazu bewogen hatte, trotz eines Jahrzehnts schöner Erfolge als Landschaftszeichner als Mittfünfziger noch einmal in die künstlerische Lehre zu gehen. Als ein Künstler, der, wie J Helbig in seinem kurzen Lebensabriss aus persönlicher Erinnerung festhält, wenig zufrieden mit sich selbst und seinem Werk war, wird er vielleicht erkannt haben, dass sich seine Fähigkeiten als Landschafter ohne erneute Schulung nicht mehr weiterentwickeln liessen. Aber auch Düsseldorf scheint ihm nicht mehr viel gegeben zu haben, denn noch 1842 kehrte Jean-Nicolas Ponsart nach Malmedy zurück, das er bis zu seinem Tode 1870 nicht mehr für längere Zeit verlassen sollte. In den folgenden Jahren erschien zwar außer einer zweiten Auflage seines jüngeren Ahralbums eine Mappe unter dem Titel »Voyage pittoresque dans les deux Provinces du Bas-Rhin« (Malerische Reise in die beiden niederrheinischen Provinzen) bei J. A. Mayer für Deutschland und bei A. Jobard jun. In Brüssel für Belgien, doch enthielt auch sie eine Reihe schon früher veröffentlichter Lithograohien, jetzt teilweise koloriert. Ponsart hatte seinen künstlerischen Höhepunkt und Erfolg überschritten.

Am Malmedyer Mädchenpensionat erteilte er Zeichenunterricht und war an der dortigen Oberschule von 1842 - 1866 als Kunstlehrer tätig. 1858 ernannte ihn die »Belgische Gesellschaft der Aquarellisten« zu ihrem Ehrenmitglied, doch war dies alles, was ihm an äußeren Ehren zuteil wurde. In Malmedy übte er bis kurz vor seinem Tode alle Kunsttechniken der Malerei aus und war wohl hin und wieder auch als Architekt tätig. Hochbetagt und fast taub starb er im März 1870, aufrichtig betrauert von der Malmedyer Bevölkerung. Außer dem eingangs erwähnten ehrenvollen Nachruf in der Malmedyer Wochenzeitung geschah nichts mehr, was seinen Ruf als Künstler hätte wach halten können. Erst 1938 errichtete ihm der Verein »Malmedy-Folklore« einen Gedenkstein, um den es während des Krieges und noch danach zu Auseinandersetzungen nationaler Art kam. 1976 veranstaltete die Malmedyer Kommission des Nationalen Papiermuseums im Haus Cavens eine Ausstellung von 68 Blättern Ponsarts, die ausschließlich aus Malmedyers Familienbesitz stammten.

Dass dieser Künstler, dessen Lithographin laut »Rheinischen Provinzial-Blättern« von 1836 »in Bezug auf Auswahl des Stoffes, Anordnung und Ausführung des Ganzen zu dem Gelungensten« gehörten, was der Berichterstatter bis dato in dieser Art gesehen hatte, dem Vergessen der Kunstwelt so leicht anheimfallen konnte, liegt außer auf der künstlerischen Ebene sicherlich auch an historischen Gegebenheiten. Ehrenvoll war 1938 die Errichtung seines Denkmals durch den Verein »Malmedy-Folklore«. Dank der europäischen Politik der Völkerverständigung stehen wir heute außerhalb nationaler Beanspruchung Ponsarts. Die Stationen seines Lebens zeigen uns deutlich, dass er ein Europäer war, ein Mann der Kunst, der dorthin ging, wo sie ihm Lehre, Arbeit und Erfolg versprach: Düsseldorf, Aachen, Brüssel, Paris, gleichwohl seine Heimatstadt Malmedy.

Aus:
Das Ahrtal, Rheinpreussen. Nach der Natur gezeichnet und lithographiert von N. PONSART, MALMEDY, neu herausgegeben von Helmut Poppelreuter und Manfred van Rey, Bad Neuenahr-Ahrweiler, 1982.

Kasselburg

 

Saarburg

 

Gerolstein

 

Burg Eltz

 

Pyrmonter Mühle und Burg Pyrmont

 

Schloss Bürresheim

 

Abtei Maria Laach

 

Laacher See

 

Altenahr

 

Blick auf den Tunnel bei Altenahr

 

Ruine Altenahr

 

Umgebung von Schaffenburg und Loch-Mühle

 

Guck-Ley bei Laach

 

Umgebung von Mayschoss

 

Blick vom Weißen Kreuz bei Altenahr, 1831

 

Burg Are

 

Ruine Altenahr

 

Reimerzhoven

 

Weißes Kreuz und Ahrtal

 

Insel Nonnenwerth und Drachenfels

 

Blick auf Bonn

 

Römisches Monument bei Trier

 

Der Hof von Burg Eltz

 

 

Saarburg


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