25.September 2008 - 25.Januar 2009

Lebenswelten

Stillleben, Interieur und Kunsthandwerk im rheinischen Expressionismus

Heinrich Nauen
Rhododendronblüte in gelber Vase, um 1919
Öl/Lwd., 67 x 71,5 cm
Clemens-Sels-Museum, Neuss

 

Pressestelle des August Macke Hauses

Das eigene häusliche Lebensumfeld war für die rheinischen Expressionisten ein wichtiges Thema, das sie einerseits in ihrer Malerei reflektierten und andererseits praktisch zu gestalten suchten. In Interieurdarstellungen inszenierten die Künstler ihr privates Ambiente und hinterfragten dabei nicht selten die bürgerliche Welt ihrer Herkunft. Die Gattung des Stilllebens diente zudem als ein vielfältiges Experimentierfeld für innovative Bildideen und neue stilistische Ansätze.

Vorbereitet durch die Reformbewegungen der Jahrhundertwende und gefördert durch den Besuch der fortschrittlichen Kunstgewerbeschulen in Krefeld und Düsseldorf, in denen etwa August Macke, sein Vetter Helmuth und Heinrich Campendonk studierten, war das Interesse an der Gestaltung der eigenen Lebenswelt erwacht: Es entstanden zahlreiche kunsthandwerkliche Objekte wie etwa Vasen, Dosen, Schüsseln und Schmuck. Darüber hinaus begannen die Künstler und Künstlerinnen ihre eigenen Möbel, Teppiche oder Stoffe zu entwerfen oder ihre Wohnungen auszumalen. Der private Raum wurde damit zu einem Spiegel der eigenen Persönlichkeit.

Dem Bedürfnis, das gesamte Lebensumfeld gestaltend zu verändern, lag ein gedankliches und praktisches Gesamtkonzept zugrunde: Alte Hierarchien zwischen Kunst und Kunstgewerbe sollten keine Gültigkeit mehr haben. Auch die Volkskunst, traditionelle Handwerkstechniken oder außereuropäische Kultobjekte wurden als ebenbürtig und anregend wahrgenommen. Damit standen die Künstler im Einklang mit der deutschen Werkbund-Bewegung, die Anfang des 20. Jahrhunderts genau diese Zusammenführung von Kunst und Handwerk auf ihre Fahnen schrieb. Entscheidendes Bindeglied war dabei der Künstler als Erfinder neuer Formen, der die Veredlung der gewerblich-industriellen Produktion ankurbeln sollte. Viele der rheinischen Expressionisten nahmen an diesem Gestaltungsprozess unmittelbaren Anteil, waren Mitglied in der Kölner Vereinigung für Kunst in Handel und Gewerbe und entwarfen ihre Keramik, Graphik oder Stickereien für kommerzielle Auftraggeber.

Rund 120 Exponate, darunter 40 Gemälde und zahlreiche kunstgewerbliche Arbeiten von Heinrich Campendonk, Ernst M. Engert, Max Ernst, Franz M. Jansen, Joseph Kölschbach, Fifi Kreutzer, August Macke, Helmuth Macke, Marie von Malachowski-Nauen, Heinrich Nauen, Walter Ophey, William Straube und Hans Thuar treten in dieser Ausstellung in einen unmittelbaren Dialog miteinander - ganz im Sinne der ganzheitlichen expressionistischen Vorstellung.

Zur Ausstellung erscheint im Rahmen der Schriftenreihe des Vereins August Macke Haus e. V. ein reich bebilderter Katalog mit mehreren wissenschaftlichen Beiträgen zum gesamtkünstlerischen Ansatz bei den rheinischen Expressionisten und zur Rolle der Gattungen Stillleben und Interieur in ihrer Malerei, zur Bedeutung und zum Umfang der kunsthandwerklichen Tätigkeit von August Macke, die bisher nur am Rande wahrgenommen wurde, sowie zu völlig unbekannten spätexpressionistischen Wandgemälden von Franz M. Jansen.

Kuratorinnen: Dr. Ina Ewers-Schultz und Dr. Martina Padberg

 

August Macke
Drei Frauen am Tisch bei der Lampe , 1910
Öl/Papier, 56 x 47,5 cm
Privatbesitz

 

August Macke
Abstraktes Muster III, 1912
Stickerei-Entwurf, farbige Tusche, 27 x 31,6 cm
Kunstmuseum Bonn

 

Franz M. Jansen
Wandmalerei in der Diele in Felderhoferbrücke
(Bröleck/Siegkreis), 1922
Zerstört


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