Der Mayener Maler Emil van Hauth

Aus der Eifel nach Berlin

Dr. Margot Klütsch, Danziger Str. 56, 40670 Meerbusch

Er stammt aus Mayen und das dortige Eifelmuseum besitzt mehr als dreißig Gemälde und Zeichnungen von ihm. Seine Heimatstadt würdigte ihn zuletzt vor dreißig Jahren mit einer Ausstellung in der Genovevaburg und 1994 erschien eine umfassende wissenschaftliche Arbeit über ihn1. Sie blieb jedoch unpubliziert. Im Gegensatz zu anderen Malern aus der Eifel ist Emil van Hauth der Öffentlichkeit und selbst Kunstinteressierten kaum bekannt. Dabei lohnt es sich, seinen Werdegang speziell bis zum Zweiten Weltkrieg zu verfolgen, denn seine Biografie spiegelt das Schicksal einer ganzen Generation (Abb. 1).

 

Abb. 1: Selbstporträt, 1944, Kohle auf Papier, 58 x 42 cm
© Eifelmuseum Mayen

 

Bescheidene Anfänge

Das »New York Europas«, die schnellste Stadt der Welt - das war Berlin in den Roaring Twenties. Wie ein Magnet zieht die Metropole Künstler jeglicher Couleur an, von denen oft kaum mehr als die Namen bekannt sind. Wie findet sich dort ein junger Maler wie Emil van Hauth zurecht? Er kommt aus der Provinz und auch seine Anfänge sind eher bescheiden: Ausbildung von 1915 bis 1919 an der Kunstgewerbeschule in München, an der Königlichen Keramischen Fachschule in Höhr bei Coblenz, an der Kunstgewerbeschule Darmstadt, dort auch Privatunterricht bei Kay Nebel, dazwischen, 1917/18, Kriegsdienst an der Westfront2.

1899 wir Gustaf Emil Hoffmann in Mayen als Sohn eines Apothekers geboren. In Anlehnung an seine Großmutter mütterlicherseits legt er sich den Künstlernamen »Emil van Hauth« zu. 1922 beteiligt er sich als Mitglied der Koblenzer Künstlervereinigung »Das Boot« zum ersten Mal an einer Ausstellung in Koblenz. Aber er will mehr. Ihn zieht es nach Berlin. 1924 lässt er sich schließlich in der Hauptstadt nieder. Schon vorher hat er hier auf sich aufmerksam gemacht. 1921 erscheint in der renommierten Monatszeitschrift »Das Kunstblatt« zum ersten Mal eine Notiz über ihn3, nachdem er im Clio-Verlag in Darmstadt eine Mappe mit acht Lithografien zu Gustav Meyrinks Roman »Walpurgisnacht« herausgegeben hat. Am Anfang betätigt sich van Hauth vor allem als Porträtmaler. Seine wenigen bekannten Frühwerke4 schwanken zwischen expressionistischem Pathos und konstruktivistischen Versuchen in der Nachfolge des Kubismus, bevor er schließlich zum Stil der Neuen Sachlichkeit findet5.

Erste Erfolge in Berlin

Die entscheidende Wende in van Hauths Leben bringt die Begegnung mit der acht Jahre älteren Tänzerin und Filmschauspielerin Grit Hegesa (bürgerlicher Name: Margarethe Schmidt) aus Niederlahnstein. Seit 1924 leben die beiden abwechselnd in Berlin und Koblenz. Im April 1925 heiraten sie und halten sich anschließend mehrere Wochen in Paris auf6. Grit Hegesa ist ein bekannter und erfolgreicher Bühnenstar, so dass das Paar ein aufwändiges Leben ohne finanzielle Probleme führen kann. Noch wichtiger aber ist für van Hauth, dass er durch seine Frau Zutritt zu den Berliner Künstlerkreisen und zum gehobenen gesellschaftlichen Milieu findet. 1925 wird er jüngstes Mitglied der »Novembergruppe« und stellt gleich in der renommierten Galerie Flechtheim aus7. Beim Ball der »Berliner Secession« verbreiten die van Hauths einen Hauch von Glamour, was der Zeitschrift »Die Dame« in Heft 11 von 1925 immerhin ein Foto wert ist8.

Ein hinreissendes Porträt

Im folgenden Jahr veröffentlicht dieses Modejournal einen reich bebilderten Artikel über van Hauth9. Darin kommt auch der Maler selbst zu Wort. Obwohl er »nichts mit der muffigen Trockenheit«10 der Neuen Sachlichkeit zu tun haben will, erscheinen die publizierten Gemälde geradezu typisch für diese Stilrichtung, wie das hinreißende Porträt seiner Frau (Abb. 2).

 

Abb. 2: Grit Hegesa, 1925, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt
©: ullstein bild

 

Die klare Komposition und die kalte, metallisch glänzende Farbigkeit rücken das alltägliche Sujet in ein unnatürliches Licht. Das Bildnis zeigt den Prototyp der modernen Großstadtfrau: Selbstbewusst, emanzipiert, sportlich-elegant. Um diese Zeit hat Grit Hegesa allerdings den Zenit ihrer Karriere überschritten und ihren Beruf aufgegeben, um sich ganz der Karriere ihres Mannes zu widmen, wie George Grosz 1930 nicht ohne Süffisanz berichtet11. Das Bildnis zeigt erstaunliche Parallelen zu dem berühmten »Selbstporträt im grünen Bugatti« der Tamara de Lempicka von 1925: derselbe Frauentyp, dasselbe changierende Kolorit. Genau dieses Gemälde hatte der Herausgeber der »Dame« nach einer persönlichen Begegnung mit der Malerin als Titelblatt für sein Magazin bestellt12. Ohne Zweifel hat van Hauth von Lempickas »Autoporträt« gekannt und sich davon inspirieren lassen.

Im Übrigen ist er nicht der Einzige, der das Motiv der modernen Frau am runden Kaffeehaustisch aufgreift. Das Sujet scheint um die Mitte der zwanziger Jahre geradezu in der Luft zu liegen. 1926 malt Otto Dix in Berlin das »Bildnis der Journalistin Sylvia von Harden« (Paris, Centre Georges Pompidou, Musée National d'Art Moderne). Es wirkt fast wie eine spiegelbildliche Variante von Grits Porträt.

 

Tamara de Lempicka (1898-1980)
»Autoporträt« - Selbstporträt im grünen Bugatti, 1925
Öl auf Holz, 35 x 26 cm
http://www.tamara-de-lempicka.org
Die Abbildung ist nicht Bestandteil der original Publikation.

 

Otto Dix (1891-1969)
Bildnis der Journalistin Sylvia von Harden, 1926
Mischtechnik auf Holz, 120 x 88 cm
Paris, Musée National d'Art Moderne, Centre George Pompidou
Die Abbildung ist nicht Bestandteil der original Publikation.

 

Im Gegensatz zu Dix' karikierendem Verismus erscheint van Hauths Darstellung durch die schlaglichtartige Beleuchtung und konsequente geometrische Stilisierung jedoch unterkühlt-distanziert. Die facettierende Raumgestaltung schließt offensichtlich an die Kubisten und deren Nachfolger an. Unsichtbar schwebt Picasso als »der große Lehrmeister«, wie van Hauth selbst es beschrieb13, im Hintergrund. In Berlin hat er reichlich Gelegenheit, sich mit dem Kubismus auseinander zu setzen. Alfred Flechtheim ist ein engagierter Verfechter der modernen französischen Malerei, speziell der Kubisten. Außerdem präsentiert die »Novembergruppe«, der van Hauth angehört, seit dem Beginn der zwanziger Jahre Vertreter des Kubofuturismus, des Orphismus und des Konstruktivismus14. Nicht zuletzt hatte van Hauth wahrend seines Parisaufenthalts im Sommer 1925 Gelegenheit, die französische Malerei im Original zu studieren. Das Porträt von Grit Hegesa illustriert aber auch Arthur Segals Auffassung15, dass eine gute Komposition aus gleichwertigen Teilen bestehen solle. Van Hauth erreicht das durch mehrere Lichtquellen, die gleichmäßig verteilte Akzente setzen. Das Bildnis ist auch ein schönes Beispiel für van Hauths Äußerung, dass seine »Materie das Licht und die Leuchtkraft der Farben« sei und dass er seinen Bildern »strahlende Klarheit und diszipliniertesten Aufbau zu geben versuche, vergleichbar der Musik des Johann Sebastian Bach«16.

In den zwanziger Jahren sind Stillleben und Landschaften eher selten zu finden. Wie van Hauths Porträts sind sie dem gemäßigten, klassisch-konservativen Flügel der Neuen Sachlichkeit zuzurechnen. Sie zeichnen sich durch klare geometrische Struktur und glatten Farbauftrag aus. Auf vielen Gemälden taucht eine spezielle Beleuchtung die Motive in ein geheimnisvolles Licht. Man sollte hier eher von »Magischem Realismus« als von »Neuer Sachlichkeit«17 sprechen.

Rückkehr zur Konvention

1927 begrüßt Paul Westheim, dass van Hauth »das - dogmatische - Stilisieren« aufgegeben habe18. Es sieht so aus, als habe van Hauth in den folgenden Jahren Westheims Kritik immer mehr beherzigt. Und um 1930 scheint die Zeit des Experimentierens vorbei. Van Hauth beschickt nun die Berliner Ausstellungen mit Bildnissen von den Stützen der gehobenen Gesellschaft wie Adligen, Professoren und Künstler(innen)19. Dazu passt, dass er 1930 zum ersten Mal bei der konservativeren Berliner Secession ausstellt20. Auf deren Herbstausstellung von 1931 zeigt er das »Porträt der Kammersängerin Mme Cabier« (Abb. 3).

 

Abb. 3: Kammersängerin Mme Cabier, 1931, Verbleib unbekannt
© Foto: SMB-ZA, Künstlerdokumentation

 

Sie erscheint vor neutralem Hintergrund. Eine einheitliche Lichtquelle links im Bild beleuchtet Gesicht, Dekolleté und Hände. Van Hauth gibt die geometrisierende Stilisierung auf und schließt mit seinen psychologisierenden Porträts an die klassische Bildnistradition des 17. und 19. Jahrhunderts an. Der Preis dafür ist die Rückkehr zur Konvention.

Auch bei dem »Maltisch« von 1931 (Abb. 4) hat van Hauth die neusachliche Strenge und Glätte ganz aufgegeben. Bei dem Versuch, die Gegenstände in die Fläche einzubinden, stehen Stilleben von Paul Cézanne aus den 1890er Jahren und auch Max Beckmann Pate21. Warum aber verändert van Hauth um 1930 seine künstlerische Handschrift?

 

Abb. 4: Maltisch, 1931, Tempera auf Papier, 47 x 36 cm
© Foto: Archiv Mme Bombardier, Frankreich

 

1929 beginnt die Weltwirtschaftskrise. Die scheinbar stabile Fassade der Weimarer Republik droht einzustürzen. Eine solche Zeit der Angst und Verunsicherung führt bei den Künstlern selbst wie bei den Auftraggebern zu dem Wunsch, auf Experimente zu verzichten und zu den alten gesicherten Werten zurückzukehren. Überall in Europa sind nicht mehr die Utopisten und Avantgardisten gefragt, sondern die Spielarten des Realismus. Entweder im Dienst der herrschenden Systeme, oder kleinmünziger, als eine Art persönlicher Rückkehr zur Ordnung, vergleichbar dem großen retour à l'ordre, wie ihn die bildende Kunst nach dem Ersten Weltkrieg erlebt hat. Speziell in Deutschland bricht die traditionell konservative Haltung verstärkt wieder auf, die die bürgerliche Gesellschaft der Weimarer Republik nie abgelegt hat. Der stilistische Wandel van Hauths am Beginn der dreißiger Jahre liegt im allgemeinen Trend. Er kündigt aber auch die Zäsur an, die die politischen Ereignisse von 1933 in das Leben des Malers bringen. Und man kann vorwegnehmen, dass er dabei keine rühmliche Rolle gespielt hat.

Nach Hitlers Machtübernahme

Van Hauth ist zu einer festen Größe im offiziellen Berliner Kunstbetrieb geworden. Er bekommt positive Kritiken und bewirbt sich um den Großen Staatspreis 193222. Im selben Jahr wird er Mitglied der Berliner Secession. Nach Hitlers Machtübernahme outet er sich auf mehreren dramatischen Generalversammlungen als Mitglied des »Kampfbundes für deutsche Kultur«, eine der NSDAP nahestehenden Organisation. Er versucht, die Secession mit Hetzparolen gegen jüdische Künstler im Sinne des neuen Regimes zu unterwandern. Von Mai bis September 1933 bildet er mit anderen Mitgliedern des »Kampfbundes« den neuen Vorstand. Nach der »Gleichschaltung« der bildenden Kunst verliert die Secession jedoch im September 1933 ihre Unabhängigkeit; van Hauth verlässt die Organisation im selben Monat23.

Die rigorose Kunstpolitik im Dritten Reich24 hindert van Hauth nicht daran, weiterhin regelmäßig auszustellen: In den Berliner Privatgalerien Möller und Buchholz sowie bei verschiedenen Künstlergruppierungen, aber auch in offiziellen Einrichtungen wie dem Heimatmuseum Saarbrücken (1933), der Neuen Pinakothek München (1935) und selbst noch während des Kriegs in den Kunstvereinen von Münster, Köln, Hamburg und Hannover25. Die Kunstdiktatur bekommt van Hauth wohl nur einmal unmittelbar zu spüren, als nämlich die sogen. Olympia-Ausstellung »Malerei und Plastik in Deutschland 1936«, an der van Hauth als Gast teilnimmt, bereits nach 10 Tagen vom Präsidenten der Reichskammer der bildenden Künste geschlossen wird26.

In den Jahren des Nationalsozialismus spielen Stillleben und Landschaftsbilder im Schaffen van Hauths eine gleichrangige Rolle neben den Bildnissen. Seit 1930 hält er sich im Sommer häufig in Ahrenshoop an der Ostsee auf und wird Mitglied der dortigen Künstlerkolonie27. Fern vom Großstadtleben und angestrengt durch die unmittelbaren Natureindrücke verändert er seinen Blick. Die Boote am Ostseestrand von Ahrenshoop werden zu einem Leitmotiv. Anfangs erfasst er das Motiv noch in streng gegliederten neusachlichen Kompositionen28, doch bald setzt er die Boote mit bewegtem Pinselstrich fast illusionistisch in den Vordergrund (Abb. 5).

 

Abb. 5: Boote in Ahrenshoop, 1931, Tempera auf Leinwand, 48 x 56 cm
© Foto: Eifelmuseum Mayen

 

Eifelmotive

Seit 1934 besucht van Hauth regelmäßig seine Familie in Bolldendorf in der Eifel, wo seine Eltern inzwischen eine Apotheke betreiben. Bald gehören Eifellandschaften zu seinem festen Ausstellungsrepertoire in der Galerie Buchholz. Idyllische Stimmungsbilder vom bäuerlichen Leben, häufig mit klassischer Perspektive, ersetzen die glatt gemalten, geometrisch strukturierten Kompositionen. Anekdotische Details beschwören Leben und Arbeit auf dem Land. Die getreue Wiedergabe der Realität und die konventionellen Kompositionen schließen an die Freilichtmalerei des 19. Jahrhunderts an (Abb. 6).

 

Abb. 6: Sonnenblumen in der Eifel, 1936, Öl(?), Verbleib unbekannt
© Foto: Stadtarchiv Koblenz

 

Van Hauth verzichtet auf eines der wesentlichen Elemente der modernen Malerei, nämlich die autonome bildeigene Struktur, die die Distanz des Gemalten von der äußeren Wirkung zum Ausdruck bringt.

Zwischen 1939 und 1942 malt van Hauth besonders viele Stillleben, sicherlich ein Indiz für seinen Rückzug ins Private. Im Krieg verschlechtern sich die allgemeinen Lebensbedingungen und größere Auftragsarbeiten sind rar gesät. Sofern sie nicht zu den öffentlich geförderten Künstlern gehören, beschäftigen sich die Maler mit alltäglichen Dingen, die ohne großen Aufwand verfügbar sind.

Van Hauth führt die Ansätze des »Maltischs« von 1931 konsequent fort und lehnt sich dabei noch enger an sein großes Vorbild Cézanne an29. Dabei gelingen ihm zwar konventionelle, aber durchaus ansprechende Kompositionen.

Und wieder Frauenbildnisse

Die Porträts der dreißiger Jahre schließlich verraten einiges vom Zeitgeist, wie zwei Frauenbildnisse im Mayener Museum: »Eurydike« von 1936 und »Bildnis einer Griechin« von 193930. Van Hauth erlebt die Olympiade in Berlin unmittelbar. Und im selben Jahr malt er die klassisch inspirierte »Eurydike«(Abb. 7).

 

Abb. 7: Eurydike, 1936, Öl, 23,7 x 17 cm
© Foto: Eifelmuseum Mayen

 

Wahrscheinlich Zufall oder vielleicht doch eine indirekte Reverenz an die Ästhetik des Nationalsozialismus? Denn die offizielle Kunst knüpfte ganz bewusst an die Antike an. Den perfekten Bogen von der Klassik zu den Idealen der Zeit spannt Leni Riefenstahl mit ihrem Film »Olympia«, der 1938 in Berlin seine Premiere erlebt und dem Publikum in einer aufwändigen Pressekampagne vorgestellt wird31. Womöglich ist das »Bildnis einer Griechin« (Abb. 8) vor diesem Hintergrund zu sehen. Die Dargestellte trägt jedoch kein antikisierendes Gewand. Die schönen gebrochenen blau-grün-Töne und die gedeckte Farbigkeit unterstreichen van Hauths koloristische Fähigkeiten.

 

Abb. 8: Die Griechin, 1939, Öltempera auf Karton, 82 x 45 cm
© Foto: Eifelmuseum Mayen

 

1926, am Anfang seiner Berliner Zeit, hatte das Modemagazin »Die Dame« ausführlich über Emil van Hauth berichtet. Der Kreis scheint sich zu schließen, als ihm dieselbe Zeitschrift 1940 noch einmal einen längeren Artikel widmet. Die Redakteurin Asta Ruth-Soffner hat sich von van Hauth malen lassen und beschreibt, wie dieses Porträt entstanden ist (Abb. 9). Das traditionelle Gemälde lässt van Hauths Qualitäten erkennen: Großzügige Pinselführung und delikate Farbgebung. Er charakterisiert die Dargestellte als ernst wirkende, selbstbewusste Frau von zurückhaltender Eleganz. Sie selbst empfindet ihr Porträt als »... ein Bild, dessen durchdachte Strenge zeitlose Gültigkeit verspricht«33.

 

Abb. 9: Bildnis Asta Ruth-Soffner, 1939, Öl auf Leinwand, Verbleib unbekannt
aus: Die Dame, Heft 24, S. 15, Deutscher Verlag, Berlin 1940
© Foto: SMB-ZA, Künstlerdokumentation

 

Abb. 10: Bildnis Frau M. F., 1939, Öl, Verbleib unbekannt
aus: Die Dame, Heft 24, S. 14, Deutscher Verlag, Berlin, 1940
© Foto: SMB-ZA, Künstlerdokumentation

 

Andere Abbildungen im selben Heft zeigen junge Frauen in typischer Alltagskleidung. Ihre Haltung wirkt kraftlos, der Blick verhalten, wie nach innen gerichtet. Ein deutlicher Zug von Melancholie umspielt ihre Gesichter (Abb. 10). Diese Bildnisse van Hauths repräsentieren nicht mehr die selbstbewusste Sicherheit der gehobenen Berliner Gesellschaft. Subtil spiegeln sie die gedrückte Stimmung zu Beginn des Zweiten Weltkriegs.

Van Hauths Rolle im Dritten Reich

Welche Rolle hat Emil van Hauth num im Kunstbetrieb des Dritten Reichs gespielt - Täter, Opfer, Mitläufer? Gehört er wirklich zu den Künstlern der »Inneren Emigration«, verfemt, verboten, vergessen34? Van Hauth hat sich jedenfalls 1933 sehr dezidiert im Sinne der neuen Machthaber geäußert, wobei nicht klar ist, ob aus Überzeugung oder Opportunismus. Wie vom Regime vorgeschrieben, wird er Mitglied in der Reichskammer der Bildenden Künste und er scheint sich durchaus mit den politischen Verhältnissen arrangiert zu haben. Aber sein weiteres Schaffen steht nicht im Zeichen der nationalsozialistischen Ideologie, auch wenn er auf sehr konventionelle Stilmittel zurückgreift. Seine Rückkehr zur Tradition ist sicherlich nicht mit der »Blut-und-Boden-Ideologie« des Dritten Reichs in Verbindung zu bringen, sie passt aber in den allgemeinen Trend. Besonders mit Bildern von der Idylle bäuerlichen Lebens reagiert van Hauth sehr flexibel auf den Zeitgeist. Diese Flexibilität ermöglicht es ihm immerhin, weitgehend unbehelligt weiter zu arbeiten, während viele andere Künstler nicht nur in ihrem Schaffen eingeschränkt, sondern auch existenziell bedroht sind. Dabei kommt ihm seine konservative Grundeinstellung, zu der er sich nach dem Zweiten Weltkrieg ganz dezidiert bekennt, zu Gute35.

Van Hauth hat sich nämlich im Stilpluralismus der zwanziger Jahre von Anfang an für die realistische Richtung entschieden. Nur kurz experimentiert er bei seinen neusachlichen Bildern mit vorsichtigen Formanalysen in der Nachfolge des Kubismus. Seit den dreißiger Jahren gerät seine Malerei zusehends rückwärtsgewandter. Nur bei seinen Stillleben orientiert er sich noch an Paul Cézanne. On den weiteren Experimenten der Moderne wie Expressionismus, Kubismus, Konstruktivismus und Surrealismus lässt er sich nicht beirren. Wie viele andere versucht er, mit seiner verständlichen und gegenständlichen Kunst das Abbild einer scheinbar heilen Welt zu schaffen, die in Wirklichkeit - persönlich wie politisch - tiefe Risse hat. Er arbeitet nicht im Sinne des Regimes, aber im Einklang mit dem Zeitgeist.

Van Hauths Berliner Zeit geht 1943 abrupt zu Ende, als sein Atelier einem Bombenangriff zum Opfer fällt, wobei ein großer Teil seiner Werke zerstört wird. Er und Grit Hegesa verlassen Berlin. Sie erleben das Kriegsende bei Verwandten in Zell an der Mosel, anschließend wohnen sie im Frankfurter Raum, später in München36.

Neubeginn nach dem Krieg

In den Nachkriegsjahren leidet van Hauth unter finanziellen Schwierigkeiten, außerdem belasten ihn psychische Probleme. Von der Öffentlichkeit zunächst wenig beachtet, versucht er an sein früheres Schaffen anzuknüpfen und greift sein altes Repertoire auf. Seine Bildnisse bleiben konventionell, zeichnen sich aber häufig durch feine psychologische Charakterisierung aus (Abb. 11).

 

Abb. 11: »Eifelbauer« 1949, Tusche, 71 x 48 cm
© Foto: Eifelmuseum Mayen

 

Manche Frauenporträts zeigen Anklänge an Max Beckmann. Bei den Stillleben und Landschaften bemüht sich van Hauth um eine neue Ausdrucksweise in der Nachfolge Cézannes. Sein Ziel ist es, einen aus Farbe aufgebauten Bildraum zu schaffen. Dabei intensiviert er das Kolorit und reduziert die Formen.

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg, als er sich längst in München etabliert hat, lässt ihn seine Heimat nicht los: Van Hauth äußert sich emphatisch über den »fast archetypischen Charakter« der Eifel und spricht vom »einmaligen Ausdruck einer mir entsprechenden Formensprache«37. Noch in seiner letzten Lebensphase malt er Ansichten von Bollebndorf38 (Abb. 12).

 

Abb. 12: Haus in Bollendorf, vor 1969, nur als Fotografie bekannt
© Foto: Barbara Schiele 1994

 

Aber van Hauth ist kein »Eifelmaler«, auch wenn Eifelmotive in seinem gesamten Oeuvre auftauchen: Stilisierte neusachliche Interpretationen in den zwanziger Jahren, im Dritten Reich die Idylle bäuerlichen Lebens, in der letzten Lebensphase schließlich der sehr späte Versuch der Annäherung an die Moderne. In jungen Jahren hat van Hauth die heimatliche Landschaft individuell und ohne die üblichen Klischees wiedergegeben. Er kehrt immer wieder zu seiner Familie zurück, aber seine Wurzeln werden von der Berliner Umgebung absorbiert. Er passt sich den künstlerischen, gesellschaftlichen und politischen Strömungen an. Er wird zum »Berliner«. In den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg versucht er sich neu zu orientieren. Dabei kann er nicht an die Qualität seines Frühwerks anknüpfen39. Er ist mit genügend Talent gesegnet, aber persönliche Probleme40 und nicht zuletzt seine starre konservative Haltung haben dazu geführt, dass man ihn nicht zu den ganz Großen zählen kann. Die Berliner Jahre sind für van Hauth wirklich die »Goldenen Zwanziger« gewesen: finanziell und künstlerisch, gesellschaftlich und privat.

Der »eigenwillige Traditionalist«, wie es in einem Nachruf heißt41, stirbt am 9. März 1974 in München.

Emil van Hauth gehört zu der Generation, die ihren Weg unter besonders schwierigen Bedingungen gehen musste. In ganz jungen Jahren erlebt er als Soldat das Trauma des Ersten Weltkriegs, das ihn zeitlebens nicht loslässt. Als er sich gerade etabliert hat, stellt die nationalsozialistische Kunstpolitik ihn vor die Entscheidung, sich mit den Verhältnissen zu arrangieren oder eventuell in seiner Arbeit eingeschränkt zu werden. Der Zweite Weltkrieg zerstört seine materielle Existenz und macht einen Großteil seiner Arbeit unwiederbringlich zunichte. Es ist eine immense Herausforderung, nach solchen Verlusten und nach der Isolation der deutschen Kunst im Dritten Reich künstlerisch wieder Fuß zu fassen. Emil van Hauth gehört nicht eindeutig zu der »verschollenen Generation«, aber sicherlich zu der »verlorenen Generation« der um 1900 Geborenen42.

Anmerkungen:

  1. BARBARA SCHIELE, Emil van Hauth (1899-1974), Hausarbeit zur Erlangung des Akademischen Grades eines Magister Artium, Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 1994, stellt Leben und Werk van Hauths ausführlich und umfassend einschließlich Fotomaterial vor. Die Verf. Stieß auf die Spur dieser unveröffentlichten Magisterarbeit, die ihr dann 2006 durch Dr. Hans Joachim Bodenbach zugänglich gemacht wurde. Seinen vorherigen Recherchen verdanke ich biografische Angaben sowie zahlreiche Quellen und Literaturhinweise als basis für den vorliegenden Aufsatz. Dafür sei ihm an dieser Stelle sehr herzlich gedankt, ebenso wie für seine große Mithilfe bei der Beschaffung der Fotos. Der vorliegende Text ist die überarbeitete und erweiterte Fassung eines Artikels, der 2005 in der »Weltkunst« erschien, vgl. MARGOT KLÜTSCH, Experiment und Konvention, Der Maler Emil van Hauth im Berlin der 1920er Jahre, in: Weltkunst, Zeitschrift für Kunst und Antiquitäten, Heft 4, 2005, April, 75. Jahrgang, S 66-68.
  2. Zu van Hauths Biographie ausführlich B. SCHIELE 1994, S. 127-129. Außerdem: HANS JOACHIM BODENBACH, Der Maler Emil van Hauth (1899-1974), Apothekerssohn aus der Eifel, Künstler der verschollenen Generation, in: Geschichte der Pharmazie 54, 1/2, S. 23-25, (Beiheft zu: Deutsche Apotheker Zeitung, 142. J., Nr. 12), Stuttgart, März 2002; ders., Der Maler Emil van Hauth (1899-1974) aus Mayen in der Eifel, in: Heimatbuch 2005, Gestern, heute, morgen, Landkreis Mayen - Koblenz, Koblenz 2005, S. 79-83.
    Zur Genealogie der Familie van Hauth vgl. besonders: WILLIBALD REICHERTZ, Ein Sohn der Stadt Mayen - der Maler Emil van Hauth. Seine Vorfahren vom Maifeld, in: Mitteilungen der Westdeutschen Gesellschaft für Familienkunde, Köln 2002, 90. J., Band 40 Heft 7, S. 208-211.
  3. K. H., in: Das Kunstblatt 5, 1921, S. 159 (Kraus Reprint, Nendeln/Liechtenstein 1978).
  4. Z. B. »Gebet an Helios«, 1924, Auktionshaus Lempertz Köln, Auktion 634, 7./8.12.1988, Aukt. Kat. Köln 1988, Nr. 402, Abb. Tafel 59. Der 1925 datierte »Schreibtisch mit Malutensilien und Briefen« (Foto im Archiv des Auktionshauses Lempertz, Köln) zeigt kompositorische Analogien zum Vorgehen der Kubisten und Futuristen.
  5. Erkennbar bei »Insassen der Nervenklinik Andernach«, 1923, Kaltnadelradierung, Mayen, Eifelmuseum. Marianne Bombardier, eine Nichte von E. v. Hauth, erwähnt in Briefen vom 5.7.2001 und vom 10.7.2001 an Dr. H. J. Bodenbach, dass der Künstler sich, wohl als Folge von Kriegserlebnissen und -verletzungen, um diese Zeit in der Nervenheilanstalt Andernach aufhielt. Auch in späteren Jahren war van Hauth wegen Alkohol- und Drogenproblemen mehrfach hospitalisiert.
  6. Von dieser Reise berichtet Frau Bombardier in einem Schreiben vom 10.8.2002 an Dr. H. J. Bodenbach. Weitere Informationen zu Grit Hegesa bei: HANS JOACHIM BODENBACH, Grit Hegesa, Tänzerin und Stummfilmstar aus Niederlahnstein, in: Rhein-Lahn-Kreis, Jahrbuch 2003, S. 147-153.
  7. Besprechung der Ausstellung in: Der Cicerone 17, 1925, S. 478 und in: Das Kunstblatt 9, 1925, S. 156 (Kraus Reprint Nendeln/Liechtenstein 1978).
  8. Abb. z. B. bei: H. J. BODENBACH 2005, S. 82; M. KLÜTSCH 2005, S. 66.
  9. HANS GEORG ALBRECHT, Der Maler van Hauth, in: Die Dame, Heft 2, Berlin, 1926/27, S. 10-12. »Die Dame« gehört zu den anspruchsvollen und exklusiven Modemagazinen, die in der Weimarer Republik den Zeitgeschmack und das Bild der Frau spiegeln und mitprägen, vgl. Glamour! Das Girl wird feine Dame, Frauendarstellungen in der späten Weimarer Republik, hrsg. V. Verena Dollenmaier u. Ursel Berger, Ausst. Kat., Georg-Kolbe-Museum Berlin, Leipzig 2008, S. 14.
  10. H. G. ALBRECHT 1926/27, S. 11. Van Hauth setzt sich außerdem speziell vom sozialkritischen Flügel der Neuen Sachlichkeit ab.
  11. Ahrenshoop vor 50 Jahren. Aus einem Brief des Malers Georg Grosz vom 29.9.1930 an den Kunsthistoriker Eduard Plietzsch, in: Norddt. Leuchtturm 1430, 10.10.1980, S. 3: »Ansonsten gehört ihre ganze Energie ihrem etwas zarten Gatten, dessen Malerei ... sie mit allen Mitteln durchsetzen will«. In einem Brief vom 5.7.2001 an Dr. H. J. Bodenbach bestätigt Frau Bombardier den überragenden Einfluss von Grit Hegesa auf ihren Mann: »Ohne Grit, glaube ich, wäre er nicht das geworden, was wir jetzt von ihm kennen ... Grit war etwas älter als er, sehr energisch und hat seine Person dirigiert, könnte man sagen«.
  12. Abb. des Gemäldes bei: GILLES NÉRET, Tamara de Lempicka 1898-1980, Köln 1999, S. 6. Im Dezember 1929 und Oktober 1930 verwendete »Die Dame« weitere Motive von Lempicka für ihr Titelblatt.
  13. H. G: ALBRECHT 1926/27, S. 10. Van Hauth orientiert sich offensichtlich an der Anfangsphase des analytischen Kubismus um 1908/09.
  14. Vgl. HELGA KLIEMANN, Die Novembergruppe, Bildende Kunst in Berlin, Band 3, Hrsg. Deutsche Gesellschaft für Bildende Kunst e.V., Berlin 1969, S. 46.
  15. Arthur Segal (1875-1944) hatte von 1920 bis 1933 in Berlin eine Malerschule, deren Schüler van Hauth 1924/25 war.
  16. H. G. Albrecht 1926/27, S. 10.
  17. Die Verwendung der beiden Bezeichnungen ist unscharf. Der Begriff »Neue Sachlichkeit« wurde 1923 von G. F. Hartlaub geprägt; die Formulierung »Magischer Realismus« geht auf Franz Roh (1925) zurück.
  18. Das Kunstblatt 11, 1927, S. 252 (Kraus Reprint Nendeln/Lichtenstein 1978). Westheim bezieht sich auf das Bildnis Helen Steinthal (1926), ausgestellt auf der Großen Berliner Kunstausstellung 1927, Nr. 190, Abb. in: Die Dame, Heft 2, Berlin, 1926/27, S. 11 und bei M. Klütsch, 2005, S. 9.
  19. z. B. Baronesse Landenberg (1927); Sängerin Ida Harth zur Nieden (1931); Professor Carl Clewing (1932); Bildhauer Philipp Harth (1932).
  20. In der Besprechung der Ausstellung von 1930 wird van Hauth erwähnt, vgl. WERNER GOLDSCHMIDT, Berliner Sezession-Ausstellung, in: Mittagszeit, 21.11.1930. Sowohl die »Novembergruppe« wie die »Berliner Secession« hatten jedoch am Ende der zwanziger Jahre ihren ursprünglich revolutionären bzw. progressiven Impetus verloren und waren eher künstlerische Interessengemeinschaften geworden.
  21. Auf die Beziehung zu Max Beckmann weist B. SCHIELE, 1994, S. 111-113 hin. Paul Cézanne betrachtet van Hauth als den »eigentlichen Vater(s) der modernen Malerei«, vgl. Anm. 29.
  22. z. B. Das Kunstblatt 16, 1932, S. 80: »gelungenes Bildnis Philipp Harths« (Kraus Reprint Nendeln/Liechtenstein 1978). Die Bewerbungsunterlagen zum Großen Staatspreis befindet sich im Archiv der Akademie der Künste; Berlin, Sig: PrAdk Nr. 1336.
  23. Genaueres zu den Vorgängen in der Berliner Secession und der Rolle van Hauths zwischen dem 2. Mai und dem 28. September 1933 bei: ANKE MATELOWSKI, Kunstgeschichte im Protokoll, Neue Aktenfunde zur Berliner Secession, in: Museumsjournal, 12. Jg., Berlin, Juli 1998, Nr. 3, S. 42 ff.; außerdem Mitteilung von Michael Krejsa von der Stiftung Archiv Akademie der Künste Berlin vom 19.4.2002 an Dr. H. J. Bodenbach. Nach PAUL VOGT, Geschichte der deutschen Malerei im 20. Jahrhundert, Köln 1972, S. 332 ff., war der »Kampfbund für deutsche Kultur;«, 1928 von dem Parteiideologen Alfred Rosenberg gegründet, ein Sammelbecken für meist »belanglose« Künstler, die zwar ein diffuses Deutschtum vertraten, aber vor allem auf ihren eigenen Vorteil bedacht waren.
    Mit der am 22.9.1933 durch die neuen Machthaber gegründeten »Reichskulturkammer« war die »Gleichschaltung« der Kunst besiegelt. Van Hauth gehörte der »Fachgruppe Maler« der Reichskulturkammer an.
  24. 1936 Verbot der Kunstkritik; außerdem Repressalien gegen nicht genehme Künstler, Entlassung aus Ämtern, Berufsverbot und Verfolgung. Die unsägliche Ausstellung »Entartete Kunst« macht u. a. von Februar bis Mai 1939 in Berlin Station.
  25. Galerie Möller 1933, Galerie Buchholz 1936, 1938, 1939; Westfälischer Kunstverein Münster 1940, Kölnischer und Hamburger Kunstverein 1942, Kunstverein Hannover 1943. Eine - allerdings unvollständige - Auflistung der Ausstellungsbeteiligungen van Hauths in der NS-Zeit bei: MARTIN PAPENBROCK u. ANETTE SOHN (Hrsg.), Kunst des frühen 20. Jahrhunderts in deutschen Ausstellungen, Teil I, Ausstellungen deutscher Gegenwartskunst in der NS-Zeit, Weimar 2000 = Schriften der Guernica-Gesellschaft, Band 10, Kunst, Kultur und Politik im 20. Jahrhundert, hrsg. V. Jutta Held, S. 61 ff.
  26. Die sogen. Olympia-Ausstellung des deutschen Künstlerbundes fand im Hamburger Kunstverein statt. Dazu ausführlich: MARIANNE LYRA-WEX, Die Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes im Hamburger Kunstverein 1936, Von der Eröffnung am 21.7.1936 bis zur Schließung am 31.7.1936, in: Deutscher Künstlerbund, 1936, Verbotene Bilder, Ausst. Kat., Sprengel Museum Hannover, Hannover 1986, S. 17-20; zu van Hauth S.99.
    Außerdem wurde 1933 die Ausstellung in der Berliner Galerie Ferdinand Möller, an der van Hauth beteiligt war, von offizieller Seite für eine Woche geschlossen, aber danach wieder geöffnet, vgl. Rainer Zimmermann, Expressiver Realismus, Malerei der verschollenen Generation, München 1994, S. 138.
  27. s. Anm. 11 sowie: Ahrenshoop, Darß und Fischland, Norddeutsche Künstlerkolonien III, Ausst. Kat., Altonaer Museum in Hamburg, Norddeutsches Landesmuseum, 1978-1979, S. 44 und Friedrich Schulz, Ahrenshoop, Künstlerlexikon, Fischerhude 2001, S. 73.
  28. Große Berliner Kunstausstellung 1931, Kat. Nr. 154, Abb. S. 29, wo das Motiv zum ersten Mal auftaucht. Weitere Beispiele u. a.: Ostseelandschaft 1934 (Ausstellung Galerie Karl Buchholz, Berlin, 1936, N. 14); Boote an der Ostsee 1937, Privatbesitz; Boote an der Ostsee (Ausstellung Galerie Karl Buchholz, Berlin, 1938, Nr. 24).
  29. Van Hauth schließt damit an Maler wie Henri Matisse, Paula Modersohn-Becker, Ernst Ludwig Kirchner, Maurice de Vlaminck, Alexej von Jawlensky an, die sich schon vor und kurz nach 1910 mit Cézanne auseinander gesetzt hatten. Paul Cézanne war, auch in späteren Jahren, das große Vorbild für van Hauth. Er äußerte sich dazu z. B. in den »Anmerkungen zu Malerei«, in: Werke von Emil van Hauth, Ölbilder, Ausst. Kat., Galerie Alex Vömel, Düsseldorf 1963, S. 23.
  30. EURYDIKE, Inv. Nr. 3466; Bildnis einer Griechin, Inv. Nr. 3397. Letzteres gehört zu den am häufigsten publizierten und ausgestellten Gemälden van Hauths, z. B.: ASTA RUTHSOFFNER, Sitzung bei van Hauth - zu Damenbildnissen des Malers, in: Die Dame, Heft 24, Berlin, 1940, S. 14-15; später gezeigt auf Ausstellungen in Köln 1942, Koblenz 1965, München 1973, Bonn 1977.
  31. Der Film wird am 20. April 1938 im Berliner Ufa-Palast am Zoo uraufgeführt, vgl. dazu: Rainer Rother, Leni Riefenstahl, Die Verführung des Talents, München 2000, S. 102, 106, 116.
  32. Vgl. Anmerkung 30.
  33. ASTA RUTH-SOFFNER 1940, S. 15.
  34. Unter dem Titel »Verfemt! Verboten! Vergessen?« fand in der Münchner Galerie Dürr vom 3. Dezember 1999 - 3. März 2000 eine Ausstellung von Künstlern der sogen. »inneren Emigration« statt, auf der van Hauth vertreten war.
  35. In der Nachkriegszeit publiziert van Hauth mehrfach sehr kritische Anmerkungen zur modernen Malerei, z. B.: »Es gibt keine Malerei ohne Gegenstand. Ein Plädoyer für die Reinheit der malerischen Mittel«, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Feuilleton, 5.10.1950, S. 18.
  36. Leben und Schaffen van Hauth nach dem Zweiten Weltkrieg werden hier nur angerissen. Vgl. dazu ausführlich B. SCHIELE 1994, S. 13-22 und H. J. BODENBACH 2004, S. 152.
  37. Zitiert von: THEOBALD SIMON, EMIL VAN HAUTH, in: Die Kunst und das Schöne Heim, Heft 7, München 1975, S. 414.
  38. 1959 besucht er Hürtgenwald, vielleicht war er 1969/70 in Bollendorf oder er greift auf die Bollendorf-Motive der 1930er Jahre zurück. Zu seinen spätesten Bildern gehören zwei Ölgemälde mit Eifelmotiven, vgl. dazu: B. SCHIELE 1994, S. 14, 19, 32, 36, 66, 67, 86-91.
  39. Das Spätwerk van Hauths wird kontrovers diskutiert. Neben positiven Beurteilungen, wie z. B.: Er malt stille Bilder in aller Stille, Zur Ausstellung Emil van Hauth bei VÖMEL (s. Anm. 29) in: Düsseldorfer Nachrichten, 17.9.1963 sowie THEODOR SIMON 1975, S. 413-416 und B. SCHIELE 1994, S. 115, 119, 126 gibt es auch kritische Stimmen, wie z. B. JOHN ANTHONY Twaites, Besser als Kandinsky? Emil van Hauth bei Vömel in Düsseldorf, in: (Nicht identifizierte) deutsche Zeitung, 26.9.1963 sowie: Große Sorgfalt für kleine Formen, Das Bremer Graphische Kabinett zeigt stille Arbeiten von Emil van Hauth, in: Weser-Kurier, Bremer Tageszeitung, 15.1.1964. Aus der Sicht der Verf. Sind manche Arbeiten ästhetisch ansprechend, erschöpfen sich aber in der epigonenhaften Nachfolge von Paul Cézanne, vgl. Anm. 29.
  40. Er kämpft immer wieder mit Alkohol- und Drogenproblemen, s. Anmerkung 5.
  41. H. K., Ein Traditionalist, in: FAZ vom 20.3.1974.
  42. Rainer Zimmermann prägt den Begriff »verschollene Generation« für die um 1900 geborenen Künstler, häufig Spätexpressionisten, die durch den Nationalsozialismus verfolgt oder zumindest in ihrer Entwicklung erheblich behindert wurden, vgl. RAINER ZIMMERMANN, Die Kunst der verschollenen Generation, Deutsche Malerei des expressiven Realismus von 1925 bis 1975, München 1980. Diese Künstler fanden auch nach dem Krieg wenig Beachtung, was nicht nur am Zeitgeist, sondern auch daran lag, dass sie durchweg nicht zur ersten Garde der Kunst des 20. Jahrhunderts gehörten. Van Hauth erlebte zwar minimale Einschränkungen in seiner Arbeit (s. Anm. 26), gehört aber nach heutigem Kenntnisstand nicht zu den Verfolgten.
    - Der auf Gertrude Stein zurückgehende Begriff der »lost generation« bezieht sich ursprünglich auf die amerikanische Schriftstellergeneration, die im Zusammenhang mit dem Ersten Weltkrieg nach Europa kam. Er wird längst im übertragenen Sinn für die Generation mit eingeschränkten Chancen benutzt. Das trifft auch auf Emil van Hauth zu.

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