Der Maler Emil van Hauth (1899 - 1974)

Apothekerssohn aus der Eifel, Künstler der verschollenen Generation

Dr. Hans Joachim Bodenbach

 

Emil van Hauth: Selbstporträt Zeichnung, 1935
Aus: Faltblatt EMIL VAN HAUTH:
Zeichnungen und Aquarelle, Galerie Karl Buchholz, Berlin W 8, 1936

 

Emil van Hauth, mit bürgerlichem Namen: Gustaf Emil Hoffmann, wurde am 19. April 1899 in Mayen in der Eifel geboren. Er war der älteste von fünf Kindern des »Markt«-Apothekers Emil Hoffmann und dessen Frau Irma geb. Michel. Den von einer seiner Großmütter entlehnten Künstlernamen »van Hauth« - von dort und auch von der mütterlichen Seite stammt offensichtlich sein künstlerisches Talent - legte er sich um 1920 zu. Amtlich zuerkannt wurde ihm der Name sogar erst im Jahre 1950 durch den Regierungspräsidenten in Wiesbaden. Die Jugendzeit in Mayen in großer Familie und mit viel Verwandtschaft war zunächst fröhlich und unbeschwert. Ab 1914 geriet jedoch die väterliche Apotheke in Schwierigkeiten, und musste schließlich sogar ganz aufgegeben werden. Während die Familie zuerst nach Aachen, später nach Engers am Rhein und dann nach Welschbillig in die Eifel weiterzog, wurde er nach Boppard ins Internat geschickt. Das Gymnasium dürfte er mit der »Mittleren Reife« abgeschlossen haben. Von 1915 bis 1916 soll er in München ein Kunststudium absolviert haben. Beim anschließenden Kriegsdienst 1917/1918 an der Westfront wurde er verschüttet und verletzt. Auch von einem Lazarett in Kolberg an der Ostsee ist die Rede. Klinikaufenthalte sind jetzt, aber auch später noch nachweisbar, wahrscheinlich zur Nachbehandlung seiner Kriegsschäden.

Von 1918 bis 1919 wurde er Schüler der Königlichen Keramischen Fachschule in Höhr bei Koblenz. Seine erst kürzlich entdeckten Zeugnisse belegen, dass er zwei Semester lang in den Fächern Zeichnen und Malen, Modellieren, Keramik und Geologie ausgebildet wurde. Seine Leistungen - vor allem in Zeichnen und Malen - wurden überwiegend mit »gut« beurteilt, und bestätigten so die schon rechtzeitig erkannte Begabung. Nach eigenen Angaben soll van Hauth ab 1919 das Kunststudium in Darmstadt (Privatschule Kay Nebel), nochmals in München (?), Paris und schließlich in Berlin (Kunstschule Arthur Segal) fortgesetzt haben. Hinweise zu künstlerischer Betätigung waren schon früh bekannt, sogar aus der Volksschule gibt es bereits einzelne Belege. Allerdings sind erst aus der Zeit ab 1918 Werke des Künstlers erhalten geblieben, so unter anderem ein in Mischtechnik erstelltes Gemälde, das »EH [Emil Hoffmann] HÖHR 1919« signiert ist. Ganz offensichtlich hat er sich an seinen Studienorten noch mit seinen Familiennamen Gustaf Emil Hoffmann, Emil Gustaf (Gustav) Hoffmann, Emil Hoffmann (und anderen Varianten) eingeschrieben, was die Suche nach Daten und Werken nicht leicht macht. Bereits im Jahre 1920 (E. v. H. war erst 21 Jahre alt!) publizierte er im Darmstädter Clio-Verlag eine Mappe mit acht Lithographien. Von 1920 bis 1924 hielt er sich mit Unterbrechungen in Koblenz auf. Dort war er Gründungsmitglied der Künstlergruppe »Das Boot« und erlebte 1922 die erste Ausstellung seiner Werke.

Die elterliche Familie war in der Zwischenzeit nach Trier umgezogen. Der Vater machte Vertretungen in Apotheken, unter anderem in Thalfang, und erhielt im Jahr 1930 sogar eine neue Apothekenkonzession in Bollendorf in der Eifel, unmittelbar an der luxemburgischen Grenze. Fotos der Apotheken, in denen er tätig war, so z. B. aus Mayen, aus Engers und der Bollendorfer Apotheke sind bis heute erhalten geblieben.

1925 heiratete Emil van Hauth in Berlin die aus Niederlahnstein am Rhein stammende Tänzerin und UFA-Schauspielerin Grit Hegesa (bürgerlich: Margarethe Schmidt) und lebte fortan als freischaffender Künstler abwechselnd in Koblenz und Berlin. Schwerpunkte seiner Arbeit waren das von ihm hochgeschätzte und in zahlreichen Werken in größter Vielfalt dargestellte »Stillleben« und auch »(Frauen)-Porträts«. Daneben gibt es eine Reihe Stadtansichten und vor allem Eifellandschaften. In Berlin verkehrte er - finanziell durch seine Frau abgesichert - in Künstlerkreisen der goldenen 1920er Jahre mit all ihren Facetten. Sein Bekanntenkreis war groß und umfasste unter anderem Max Beckmann, Hans Dornbach, Ernesto de Fiori, Werner Gilles, George Grosz, Karl Hofer, Leo von König, Rudolf Levy, Emil Nolde, Hans Purrmann, Karl Schmidt-Rottluff, Arthur Segal, Eugen Spiro, A. v. Jawlensky und H. Poelzig. Auch mit dem Bildhauer Philipp Harth hatte er enge Kontakte. Aus dieser Zeit sind einige von ihm erstellte Porträts bekannt, darunter eines von Philipp Harth, des Pädagogen Paul Geheeb, des Malers Hans Purrmann, aber auch von Dr. Johann Heinrich Merck (1891 - 1944), den damaligen Mitinhaber der Chemisch-Pharmazeutischen Fabrik E. Merck in Darmstadt. »Entdeckt« wurde Emil van Hauth jedoch durch die in Berlin erscheinende Zeitschrift »Das Kunstblatt«. Herausgeber dieser führenden Monatsschrift war der der seinerzeit wichtigste Kunstkenner und Kunstkritiker Deutschlands, Paul Westheim. Er stammte aus einer jüdischen Familie im seit Jahrhunderten toleranten Umfeld der nordhessischen Kreisstadt Eschwege und war wie viele seiner Glaubensgenossen einer der bedeutendsten und einflussreichsten Repräsentanten der Berliner Kunstszene. Aber auch er musste später sein Heimatland verlassen, und emigrierte über Frankreich nach Mexiko. Emil van Hauth wurde 1921 im »Kunstblatt« anhand seiner Darmstädter Litho-Mappe wie folgt charakterisiert: »Gustav Emil van Hauth, Clio-Verlag. Zu dem Meyrinkschen Roman hat ein junger Graphiker eine Mappe mit acht begabten Lithographien geschaffen. Hauth bemüht sich, die einzelnen Szenen illustrativ festzuhalten. Das Phantastische wird spielerisch, mit einer skeptisch ironischen Überlegenheit genommen. Die Kontrastierung der Fläche, die Abgestuftheit von Schwarz und Weiß zeigt einen klugen Intellekt,, der gewandt mit seinen Mitteln zu wirtschaften versteht. Hauth gehört zu den heute nicht seltenen Künstlern, die einer erzählenden Buchillustration zu dienen vermögen. Gelegentlich überwiegt noch stoffliche Interessantheit über die formale Disziplin. K. H.«

 

Emil van Hauth: Stilleben mit Birnen und Pinsel, 1962
Aquarell und Gouache

 

Später nahm Emil van Hauth offensichtlich lebhaft an der Kulturszene der damaligen Reichshauptstadt teil. Er war Mitglied mehrerer Künstlervereinigungen und -Gruppen, wie »Deutscher Künstlerbund«, »Novembergruppe Berlin« und »Berliner Secession«, deren Vorstandsmitglied er von Mitte 1932 bis 1933 war. Seine Rolle bei den damaligen Ereignissen im Kunstbereich scheint aber noch nicht sicher geklärt, muss wohl auch differenzierter gesehen werden, als bisher vermutet. Eine politische Verfolgung nach 1933 ist bisher nicht nachzuweisen.

Emil van Hauth galt als Künstler mit dem »absoluten Gesicht« der stets à la prima, also ohne Korrektur malte, obgleich er später seine Gemälde formatmäßig änderte, teils auch mehrfach beschnitt, weil er mit der Gesamtdarstellung unzufrieden war. Dabei ist die Zahl seiner handwerklichen Techniken, die er alle meisterhaft beherrschte, bisher kaum zu übersehen. Später widmete er sich zunehmend der Malerei, wobei er jedoch stets seinen beiden Schwerpunktthemen Porträt und Stillleben treu blieb. Zeitlich zählt der Künstler zum Expressiven Realismus. Tatsächlich wird er aber eher als »Intimist französischer Schule« in der Nachfolge Bonnards, Vuillards und Vallottons gesehen. (Müller-Mehlis 1977). Seine Bewunderung galt vor allem Cézanne, nicht zuletzt dessen Geometrisierung des Raums. Auch Einflüsse Beckmanns sind nicht zu übersehen. Farbe war sein Leben, und davon zeugen alle seine Werke.

1943 erlitt er einen schweren Verlust, da sein Berliner Atelier mit ungefähr 60 seiner besten Arbeiten im Bombenangriff unterging. Das Ehepaar van Hauth verließ daraufhin die Stadt, ging zuerst nach Koblenz, dann nach Bollendorf (?) und Luxemburg und schließlich zu Verwandten nach Zell an der Mosel. Dort erlebte man das Kriegsende. Unmittelbar danach (1945/46) kann er in Neuwied nachgewiesen werden, unter anderem wohnhaft im Schloss Monrepos. Erstmals publizierte er jetzt auch über seine Kunst und zur Kunst im Allgemeinen. Später folgte ein kurzer Aufsatz zum Stillleben. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) widmete ihm in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Raum für »Bemerkungen zur Kunst« und auch zur Reproduktion einzelner Werke. Die Beziehung zur FAZ mögen dadurch zustande gekommen sein, dass er (nach Neuwied und Königstein im Taunus) um 1948/49 in Frankfurt am Main ansässig wurde. Aber auch dort blieb das kinderlose Ehepaar nicht lange. Man zog nach Dießen am Ammersee und später nach München. Dort verstarb der Künstler, der kaum noch ausstellte und - wohl bedingt durch die Erlebnisse im Dritten Reich - in die innere Emigration gegangen war, am 9. März 1974.

Nach vielen Ausstellungen, so in Koblenz, Berlin, Magdeburg, Saarbrücken, München, Hamburg, Bonn, Mannheim, Köln, Münster, Frankfurt am Main, Hannover, Baden-Baden, Düsseldorf, Bielefeld und Bremen, konnte er seine größte Werkausstellung nicht mehr erleben: Im Jahre 1977 realisierte die Landesvertretung Rheinland-Pfalz in Bonn zu Ehren des kürzlich Verstorbenen eine umfangreiche Schau seiner Werke: Prof. Roman Herzog, seinerzeit Staatssekretär dieses Bundeslandes, eröffnete trotz des am Vortage stattgefundenen Attentats auf Hanns Martin Schleyer die sehenswerte Ausstellung: Emil van Hauth, der »Künstler der verschollenen Generation« - sollte nicht wieder zurückgesetzt und wenigstens nach seinem Tode - in einer prachtvoll-farbigen Schau der Öffentlichkeit präsentiert werden.

In Zusammenarbeit mit dem Eifeler Landschaftsmuseum in der Genovevaburg in Mayen (Leiter: Dr. B. C. Oesterwind) wird zur Zeit ein Verzeichnis aller von Emil van Hauth geschaffenen Objekte angelegt. Zusätzlich zum Museumsbestand (etwa 35 Stück) sind bereits 400 Werke datenmäßig erfasst. Im Aufbau ist auch eine Fotothek mit derzeit schon mehr als 100 Abbildungen. Hinweise zum Künstler und zum Verbleib seiner Zeichnungen, Lithographien, Radierungen, Gemälde, Plakate und Trypticha werden an den Verfasser erbeten.

© Veröffentlichung und Weiterverwendung, auch in Auszügen, nur nach schriftlicher Genehmigung durch den Autor.


Anfang Anfang