Der Maler Emil van Hauth (1899 - 1974)

aus Mayen in der Eifel

Dr. Hans Joachim Bodenbach

Der Apotheker Emil Hoffmann mit Ehefrau Irma und den Kindern Ernst und Irmchen
Foto von ca. 1910. Archiv Mme Marianne Bombardier, Frankreich

 

Mayen - Markt mit Genovevaburg - Die »Alte Apotheke Am Markt« links (X).
Postkarten-Vorlage: Archiv Mme Marianne Bombardier, Frankreich

 

Im Jahre 2002 erhielt die seit 260 Jahren bestehende »Alte Apotheke Am Markt« in Mayen einen neuen Besitzer. Das Gebäude - wenn auch nicht sehr groß - befindet sich seit langen Zeiten in prominenter und wichtiger Lage, im Hintergrund überragt von der alles beherrschenden Genovevaburg. Unter den zahlreichen, sicher nachweisbaren studierten Pharmazeuten, befand sich auch ein Emil Hoffmann, der die Apotheke bis in die Zeiten des Ersten Weltkriegs führte und das Haus auch selbst bewohnte.

Das älteste, schon 1899 geborene Kind, hatten die Eltern in Anlehnung an den Vater und einen weiteren Familienangehörigen »Gustaf Emil Hoffmann« genannt.

 

Die 5 Kinder des Apothekers Hoffmann aus Mayen (ganz links: Emil H.)
Foto von ca. 1912. Archiv Mme Marianne Bombardier, Frankreich

 

Es ist der spätere »Emil van Hauth«, der sich nach einer seiner Großmütter diese Bezeichnung um 1920 als Künstlernamen zulegte. Der Name van Hauth ist seit Jahrhunderten in Mayen und der Eifel nachweisbar, heute jedoch eher selten, nur mehr an der Mosel und in der Pfalz zu finden. Ursprüngliche Heimat der Familie war das belgisch - niederländische Grenzgebiet.

Gustaf Emil Hoffmann (van Hauth) hatte von Jugend an eine Doppelbegabung: Musik und Kunst, vor allem Zeichnen und Malen. Nach der Volksschule in Mayen, besuchte er das Alumnat (Internat) in Boppard. Der dortige Abschluss dürfte die sog. Mittlere Reife gewesen sein. Anschließend ging er nach München an die Kunstgewerbeschule. Das Studium währte allerdings nur zwei Jahre, da er im Ersten Weltkrieg zur Armee einberufen wurde. Bei Kämpfen im Westen wurde er verschüttet und verletzt. In Engers, Koblenz und Kolberg an der Ostsee war er im Lazarett, anschließend mehrfach zur Nachbehandlung in einer Andernacher Klinik. Unterdessen hatte der Vater - wohl aufgrund wirtschaftlicher Probleme - um 1915 die Mayener Apotheke aufgeben müssen. Als angestellter Apotheker arbeitete er sodann in Aachen, später dann in Engers. Der Sohn Emil nutzte die Nähe zum Westerwald und belegte nunmehr zwei Semester an der Königlichen Keramischen Fachschule - Höhr bei Koblenz. Inzwischen gab es schon erste Beweise seiner künstlerischen Fähigkeiten und erstellte neben Zeichnungen und Gemälden auch Lithographien und Radierungen.

Von Höhr wechselte er zur weiteren Ausbildung nach Darmstadt an die dortige Kunstgewerbeschule, nahm dort auch Privatunterricht bei Kay Nebel. Engers und Koblenz waren jedoch nicht vergessen, gehörte er doch im Jahre 1922 zu den Mitbegründern der Koblenzer Künstlergemeinschaft »Das Boot«. Dort lernte er wahrscheinlich auch seine spätere Ehefrau Margarethe Schmidt, Künstlername Grit Hegesa, eine Tänzerin und (UFA)-Filmschauspielerin kennen. Sie war Miterbin der Drahtwerke C. S. Schmidt in Niederlahnstein. Die Heirat erfolgte 1925 in Berlin, wo das Ehepaar von nun an im Westend in bevorzugter Lage residierte. Den Koblenzer Wohnsitz behielt man jedoch bei und kehrte auch immer wieder zur Verwandtschaft zurück. In Berlin verkehrte man nun in der großen Gruppe berühmter Künstlerkollegen, wie Max Beckmann, Hans Dornbach (schon aus Koblenz bekannt!), Erneste de Fiori, Werner Gilles, George Grosz, Gustav Gründgens, Karl Hofer, Rudolf Levy, Alfred Lomnitz, Emil Nolde, Hans Poelzig, Hans Purrmann, Karl Schmidt-Rottluff, Arthur Segal (sein Lehrer in Berlin), Eugen Spiro, A. von Jawlensky und Leo von König. Auch mit dem Bildhauer Philipp Harth hatte er enge Kontakte. Porträts erstellte er u. a. von diesem seinem Freund Philipp Harth, dem Maler Hans Purrmann, vom Pädagogen Paul Geheeb, von Wilhelm Worringer, und vielen anderen Personen - vorwiegend der gehobenen Berliner Gesellschaft.

 

Emil van Hauth: 6 Bildnisköpfe a. d. Irrenhaus zu Andernach / Rh. Kaltnadelradierung
Signiert: Unten links: ... Probedruck Kalte Nadel.
Unten rechts/in der Platte orthographisch falsch(!): 1923/III. VAN HAUHT,
auf dem Abzug: VAN HAUTH. (Eifelmuseum Mayen)

 

Emil van Hauth: Griechin
Öltempera auf Karton, 82 x 45 cm, 1939.
(Eifelmuseum Mayen)

 

Die Tänzerin Grit Hegesa beim Ball der Berliner Secession zusammen mit dem Maler
Dornbach (links) und ihrem Gatten van Hout [!] (rechts). Berlin 1925.
Foto: ullstein bild, Berlin 2002. Bild-Nr.: 5 02587 - vo. 204601,01)

 

War er zunächst - mehr unbewusst - ein aus heutiger Sicht wichtiger Künstler der sog. Neuen Sachlichkeit, so übernahm er - nach Studienreisen nach Paris - zeitweise die geometrische Sichtweise Cézannes. Ziemlich abrupt malte er dann plötzlich eher altmeisterlich. Dabei waren und blieben farbige Porträts schöner Frauen und besonders Stillleben auch künftig immer sein Metier! In Berlin aktivierte er sich schon bald im Kunstbetrieb, z. B. jüngstes Mitglied der »Novembergruppe«, später war er sogar Vorstandsmitglied der »Berliner Secession«

Im Jahr 1933 tat er sich auch mit parteinahen Agitationen hervor. Nachdem er dabei jedoch Schiffbruch erlitt, zog er sich völlig zurück, sogar aus allen öffentlichen Ausstellungen. Vom Zeitgeist der 1930er und 1940er Jahre blieb er trotzdem nicht ganz unbeeinflusst, da er mehrfach stark idealisierte Frauenbildnisse schuf. Allerdings konnte man ihn jetzt nur noch in Privatgalerien finden. Im Jahre 1943 verlor er dann sogar noch bei einem Bombenangriff sein Berliner Atelier mit 60 seiner besten Arbeiten. Das kinderlose Ehepaar verließ daraufhin die damalige Reichshauptstadt, ging zunächst nach Bollendorf an der Sauer/Eifel, wo sein Vater erneut eine Apothekenkonzession erhalten hatte. Nach einem längeren Aufenthalt in Hirsau bei Calw, wohnte man später bis zum Kriegsende bei Verwandten in Zell an der Mosel. Von dort ging es nach Neuwied und weiter nach Königsstein im Taunus. Über Frankfurt am Main nahm man schließlich Wohnsitz in Dießen am Ammersee und letztlich seit etwa 1953 auf Dauer in München. Emil van Hauth hatte jedoch seine ursprüngliche Heimat nie vergessen, kehrte deshalb auch seit den 1930er Jahren immer wieder in den Sommerferien in die Eifel und nach Mayen zurück. Selbst wenn der Künstler aufgrund seines vielschichtigen Werkes nicht als klassischer Eifelmaler gelten kann, ist inzwischen doch eine beachtliche Anzahl derartiger Darstellungen bekannt geworden.

Auch aus dem Raum Mayen kennen wir zwei Werke: Eifellandschaft bei Mayen mit Windmühle (von 1960) und Eifellandschaft bei Mayen (von 1965). Letztmalig waren sie in der Bonner Ausstellung von 1977 zu sehen. Ihr heutiger Verbleib ist leider nicht bekannt. Des Künstlers Spezialität blieben jedoch immer großformatige Frauenporträts und (zumeist) kleinformatige, stark bunte Stillleben. Aufgrund der Malweise in seinem Spätwerk sah Reinhard Müller - Mehlis jedoch in ihm - zumindest für diesen Zeitraum - einen »Intimisten französischer Schule« in der Nachfolge Bonnards, Vuillards und Vallottons.

Emil van Hauth ist am 9. März 1974 in München verstorben. Seine Ehefrau, mit der er fast 46 Jahre verheiratet war, hatte bereits vor ihm im Jahre 1972 ihre letzte Ruhestätte in der Familiengruft der Drahtwerke C. S. Schmidt auf dem unteren Friedhof in Niederlahnstein am Rhein gefunden. Wenige Jahre nach seinem Tode kam es zur größten van Hauth - Ausstellung, die es je gegeben hat: Prof. Dr. Roman Herzog, damals Staatssekretär des Landes Rheinland - Pfalz, eröffnete in Bonn eine Erinnerungsschau an einen Mayener Maler, der nach den Ereignissen im Dritten Reich in die Innere Emigration gegangen war und deshalb heute zu den »Künstlern der verschollenen Generation« gezählt wird. Eine Arbeitsgruppe aus vier Personen - als Zentrale gilt das Eifelmuseum in Mayen (das eine kleinere Sammlung von 37 van Hauth’scher Werke besitzt) - wird versucht, Leben und Werk des Graphikers und Malers Emil van Hauth in allen Details zu erforschen.

 

Emil van Hauth: Selbstporträt Zeichnung 1935.
Aus: Faltblatt EMIL VAN HAUTH:
Zeichnungen und Aquarelle, Galerie Karl Buchholz, Berlin W 8, 1936

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